BERLIN. Der frühere Unionsfraktionschef und Bewerber für das Amt des CDU-Parteivorsitzenden, Friedrich Merz, hat seine Forderung nach einer Abschaffung des Grundrechts auf Asyl zurückgenommen. „Ich stelle das Grundrecht auf Asyl selbstverständlich nicht in Frage, weil wir Politik aus christlicher Verantwortung und vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte machen“, teilte Merz am Donnerstag mit.
„Für mich steht aber fest, daß wir die Themen Einwanderung, Migration und Asyl nur in einem europäischen Kontext lösen können“, ergänzte er. „Ich kenne kaum jemanden, der das ernsthaft bezweifelt.“ Angesichts einer Anerkennungsquote von unter zehn Prozent sei es erforderlich, „daß wir uns mit der Frage beschäftigen, wie das Grundrecht auf Asyl und ein europäischer Lösungsansatz gemeinsam wirken können“. Diese Debatte müsse „in aller Ruhe und Sachlichkeit von der CDU geführt werden“.
Meine Äußerungen zu europäischen Lösungsansätzen in der Migrationsfrage haben eine Debatte ausgelöst. Um es nochmals klar zu sagen: Ich stelle das Grundrecht auf Asyl selbstverständlich nicht in Frage, weil wir Politik aus christlicher Verantwortung… (1/4)
— Friedrich Merz (@_FriedrichMerz) November 22, 2018
Spahn kritisiert Vorstoß
Zuvor hatte Merz bei einer Vorstellungsrunde der Kandidaten für den Parteivorsitz am Mittwoch abend im thüringischen Seebach gesagt:„Deutschland ist das einzige Land der Welt, das ein Individualrecht auf Asyl in seiner Verfassung stehen hat.“ Er sei „seit langem der Meinung, daß wir darüber reden müssen, ob wir dieses Asylrecht behalten wollen, wenn es ein europäisches Asylsystem geben soll“. Sein Fazit: „Wir kriegen kein europäisches Asylsystem hin, wenn wir dieses Grundrecht behalten.“
Widerspruch erntete der 2009 aus dem Bundestag ausgeschiedene Politiker von seinem Mitbewerber Jens Spahn. „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte ist vor dem Hintergrund zweier Weltkriege, von großem Leid und Vertreibungen eine große Errungenschaft unseres Grundgesetzes“, schrieb Spahn auf Twitter. Um Akzeptanz für „dieses wichtige Grundrecht“ zu erhalten, müsse man die EU-Außengrenze besser schützen und Asylverfahren beschleunigen.
Gauland bietet Unterstützung an
Dagegen erhielt Merz Unterstützung vom Vorsitzenden der Senioren-Union der CDU, Otto Wulff. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß eine vernünftige Zuwanderung über das bisher praktizierte Asylrecht kaum zu erreichen sein wird“, sagte er. „Allein das Wort Asyl kann nicht genügen, automatisch Aufenthalt, Unterkunft und Versorgung zu erreichen.“
Sollte dies nicht der Fall sein, würde weiterhin eine „unübersehbare Zahl an Migranten“ an den Grenzen Europas erscheinen und Ängste auslösen, die allein „migrationsfeindlichen und nationalistischen Parteien“ nutzten.
AfD-Chef Alexander Gauland lobte Merz’ Forderung. „Der Vorschlag von Friedrich Merz zur Einschränkung des Asylrechts ist völlig richtig“, sagte Gauland der Welt. Er freue sich, daß Merz damit eine alte Forderung der AfD aufgreife. „Merz kann bei einer Änderung des Asylrechts im Grundgesetz auf die Unterstützung der AfD-Fraktion zählen.“ (ls)