DRESDEN. Der Wirtschaftsprofessor Joachim Ragnitz hat angeregt, kleine Ortschaft im Osten aussterben zu lassen. „Warum nicht den Menschen in kleinen Siedlungen eine Prämie zahlen, wenn sie in die nächste 10.000-Einwohner-Stadt ziehen?“ schlug er im Gespräch mit der F.A.Z. vor.
Der stellvertretende Leiter der ifo-Niederlassung Dresden sieht angesichts schrumpfender Bevölkerungszahlen in den ostdeutschen Bundesländern keinen Sinn darin, den dortigen ländlichen Raum strukturell zu stärken. „Manche Dörfer sollten wir besser schließen und die Menschen zu einem Umzug in die Zentren bewegen.“ Statt ein Recht auf Heimat vorzuschieben, solle die Politik offen mit den Menschen umgehen. Dazu gehöre auch das Eingeständnis, nicht jede Siedlung erhalten zu können.
Studenten verlassen Ostdeutschland nach Abschluß
Einem angeblichen Trend von steigenden Rückkehrerquoten in die östlichen Bundesländer widersprach Ragnitz. Zudem verließen die westdeutschen Studenten die ostdeutschen Universitätsstädte nach ihrem Abschluß wieder. Das liege an höheren Gehältern in anderen Regionen.
Bis 2050 werde sich die Bevölkerung im Osten von derzeit 12,5 Millionen auf 9,5 Millionen verringern. Die Zahl der Erwerbstätigen schrumpfe doppelt so schnell. Ragnitz sagte: „Etwas überspitzt ausgedrückt: Wir können über jeden Arbeitsplatz froh sein, der nicht entsteht, weil wir ihn sowieso nicht besetzen könnten“.
In Leipzig, Jena und Berlin, mit Abstrichen auch in Erfurt, Eisenach, Halle oder Rostock funktioniere das wirtschaftliche Leben. Andere Reaktionen seien jedoch abgehängt. (ag)