AMBERG. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat das Engagement der ermordeten Studentin Sophia L. für Flüchtlinge gewürdigt. Gleichzeitig verurteilte er Haßkommentare, die anläßlich des Falls in den sozialen Medien geäußert wurden.
„Ihr Einsatz für Flüchtlinge, ihre Offenheit für Menschen jedweder Herkunft hat nach der Festnahme des marokkanischen Fernfahrers, der des Mordes an ihr verdächtigt wird, zu unfaßbaren Haßkommentaren in den sozialen Medien geführt“, sagte Bedford-Strohm beim Trauergottesdienst für die ermordete junge Frau am Mittwoch in Amberg. „Es ist schwer, diesen Haß auszuhalten. Es ist schwer, zu verstehen, wie Menschen in einer solchen Situation ohne jede Rücksicht auf die trauernden Angehörigen zu solchem Haß fähig sind.“
Es habe ihn beeindruckt, wie die Eltern der Studentin nach der furchtbaren Tat reagiert hätten, als er mit ihnen über den mutmaßlichen Täter und seine Familie in Marokko sprach. „Haß wäre doch so verständlich gewesen. Aber Sie haben Liebe ausgestrahlt“, lobte der EKD-Vorsitzende.
Aktiv in der Flüchtlingshilfe
Bedford-Strohm würdigte ausführlich das „soziale, politische und gesellschaftliche Engagement“ der 28jährigen. Schon als Schülersprecherin an ihrem Gymnasium in Amberg habe sie einen wesentlichen Anteil daran gehabt, daß der Schule bereits 2009 den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ verliehen wurde.
Später sei Sophia L. wiederholt nach Lesbos gefahren, „um Flüchtlingen, die dort von der türkischen Küste angekommen waren, beizustehen, mit der ‘no border kitchen’ gutes Essen zu besorgen, sie ganz konkret spüren zu lassen, wofür doch eigentlich wir alle mit ganzer Leidenschaft einstehen sollten: daß jeder Mensch geschaffen ist zum Bilde Gottes, daß er oder sie eine Würde hat, die ihm niemand nehmen darf und daß das auch in der Art seinen Ausdruck findet, wie wir mit Menschen umgehen, die aus ihrem Heimatland geflohen sind“.
„Aber wäre das das bessere Leben gewesen?“
Die Studentin habe ganz aus dem Vertrauen gelebt und andere Menschen nicht als potentielle Gefahr, sondern zuerst als Menschen gesehen, die als gute Geschöpfe Gottes Mitmenschlichkeit verdienen. „Vielleicht wäre sie noch am Leben, wenn sie aus dem Mißtrauen heraus gelebt hätte“, gab der EKD-Chef zu bedenken, um dann jedoch zu fragen: „Aber wäre das das bessere Leben gewesen? Hätte es ihr Leben sein können? Hätte es die Liebe und Lebensfreude ausstrahlen können, die einfach zu ihr gehörten und die jetzt Spuren im Leben so vieler Menschen hinterlassen, die nie vergehen werden?“
Sophia L. war Mitte Juni auf dem Heimweg beim Trampen von ihrem Studienort Leipzig ins oberpfälzische Amberg verschwunden. Zeugen hatten gesehen, wie sie in einen Lkw gestiegen war. Laut den Ermittlungen wurde sie dann in Oberfranken von dem 41 Jahre alten marokkanischen Fahrer ermordet.
Später wurde ihre verbrannte Leiche in Spanien gefunden. Dort befindet sich der mutmaßliche Täter nun in Auslieferungshaft. Da laut der Staatsanwaltschaft Bayreuth die rechtsmedizinische Untersuchung in Spanien noch nicht abgeschlossen sei, sei die Leiche der Studentin noch nicht zur Bestattung freigegeben. (krk)