BERLIN. Ärzte und Psychotherapeuten haben vor den geplanten Ankerzentren für Asylbewerber gewarnt. „Die erzwungene Kasernierung von Menschen ohne sinngebende Beschäftigung – zumal von traumatisierten Menschen – führt erwiesenermaßen zu erhöhtem psychischem Streß“, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, Elise Bittenbinder, dem Evangelischen Pressedienst. Die Unterbringung könnte der Gesundheit der Zuwanderer ernsthaft schaden.
Es sei völlig unklar, ob die Flüchtlinge psychische Beratung erhalten und ob sie bei Bedarf „so schnell wie nötig“ behandelt werden, mahnte die Berliner Therapeutin. In den Ankerzentren könnten die Betroffenen weder neuen Lebensmut noch eine Lebensperspektive entwickeln. Beides sei jedoch Voraussetzung für einen Heilungsprozeß bei traumatisierten Menschen.
Bereits jetzt erhalte ein Großteil der Asylsuchenden nicht die notwendige psychotherapeutische Hilfe. Die rund 40 Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer in Deutschland behandeln Bittenbinder zufolge etwa 5.400 Klienten. Tausende stünden auf Wartelisten.
CSU pocht trotz Widerstand auf Unterstützung durch Länder
In den von der Bundesregierung geplanten Zentren soll künftig das komplette Asylverfahren abgewickelt werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zufolge sollen bis Herbst bis zu sechs Pilotzentren eröffnet werden. Je Einrichtung sollen maximal 1.500 Personen untergebracht werden.
Allerdings unterstützen derzeit lediglich zwei Bundesländer die Pläne. Die CSU pocht jedoch trotz des Widerstands auf die bundesweite Einrichtung der Zentren. „Das kann nicht nur Bayern schultern“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der Welt am Sonntag. „Jedes Bundesland in Deutschland muß ein Interesse daran haben, daß die Verfahren schnell und effizient abgewickelt werden – dafür werden die Ankerzentren sorgen.“
Die CSU werde es nicht akzeptieren, „daß andere schnelle Abschiebungen fordern, sich dann aber bei den Ankerzentren wegducken“, kündigte Blume an. Ein klares Nein zu den Plänen kam aus Berlin, Hessen und Thüringen, ergab eine Umfrage der Nachrichteagentur dpa. Nicht an der Pilotphase teilnehmen wollen zudem Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern verwiesen auf bestehende zentrale Einrichtungen. (ls)