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Parteienfinanzierung: Im Geiste undemokratisch

Parteienfinanzierung: Im Geiste undemokratisch

Parteienfinanzierung: Im Geiste undemokratisch

Trocken
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Die anderen Parteien wollen die NPD finanziell trockenlegen Foto: picture alliance/blickwinkel
Parteienfinanzierung
 

Im Geiste undemokratisch

Der Landtag in Schwerin hat einstimmig einem Antrag zur Aufhebung der staatlichen Parteienfinanzierung für die NPD zugestimmt. Da stellt sich die Frage: Heiligt der Zweck die Mittel? Ein Kommentar von Moritz Schwarz.
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Cato, Weidel, Exklusiv

Der Landtag in Schwerin hat einstimmig einem Antrag zur Aufhebung der staatlichen Parteienfinanzierung für die NPD zugestimmt. Da stellt sich die Frage: Heiligt der Zweck die Mittel? Die politische Bekämpfung der NPD als völkischer Formation ist unbedingt geboten, ebenso wie der Kampf gegen alle andere extremistischen Parteien sowie die zahlreichen radikalen Strömungen innerhalb der etablierten Parteien – von Union und SPD über FDP, Linke und Grüne bis zur AfD.

Bei Parteien am verfassungsrechtlichen Rande stellt sich allerdings überdies die Frage eines Verbots. Ist dieses nicht möglich – weil nicht ausreichend begründbar –, gebieten Geist der Demokratie und Grundgesetz allerdings das Prinzip der Chancengleichheit zu achten.

Und dieses ist nicht etwa nur eine „schöne Geste“. Sie ist die Voraussetzung dafür, daß der demokratische Staat von oppositionellen Kräften Gewaltverzicht verlangen kann – erfahren sie im Gegenzug doch eine faire Gleichbehandlung.

Vorstoß bestärkt NPD in der Ablehnung des Staates

Denn man erinnere sich: Geboren wurde die Demokratie 1776 und 1789 aus der Gewalt jener Amerikaner und Franzosen, denen politische Partizipation und Gleichbehandlung verwehrt war. Sowohl in Neu-England wie in Paris kamen die Bürger zu dem Schluß, daß deren Vorenthaltung durch die Monarchen Gewalt als Mittel ihrer Opposition rechtfertige.

Und als man der Herrschaft Georg III. und Ludwig XVI. ledig war, beschwor man verfassungsmäßige Chancengleichheit – auch um keine moralische Grundlage zu schaffen auf der eines Tages eine ausgegrenzten Gruppe mit der gleichen Legitimation zum Sturz der Demokratie aufrufen könnte.

In der Tat ist die NPD eine höchst problematische Partei. Dennoch darf dies auf keinen Fall dazu führen, es bei ihr mit dem Grundgesetz weniger genau zu nehmen. Weshalb Karlsruhe ja auch ihr Verbot abgelehnt hat. Nun die Partei aber dank einer Art Gesetzeslücke doch um das zu bringen, was das Grundgesetz ihr eigentlich zugesteht – Chancengleichheit –, widerspricht dem demokratischen Geist. Und es offenbart gar eben jenes rein formal-legitimistische Demokratieverständnis, das man der NPD womöglich zu recht vorwirft.

Doch das verletzt nicht nur den demokratischen Ethos, es liefert den Extremisten in der NPD und deren Umfeld fatalerweise tatsächlich auch eine demokratietheoretische Grundlage um, wer weiß, einen NSU 2.0 oder eine Braune Armee Fraktion zu gründen. Sie könnten sich dabei, wenn sie denn wollten, auf die Boston Tea Party, die US-Minutemen oder die Bastille-Stürmer berufen.

Aushöhlung der Demokratie

Daß die AfD dem Antrag ebenso zugestimmt hat wie die Etablierten, scheint im ersten Moment keinen Unterschied zu machen. Wie gesagt, im ersten Moment. Würde die Partei genauer darüber nachdenken, müßte sie aber eigentlich mit Leichtigkeit den längst bekannten Trend erkennen: Da wegen der historischen Erfahrung die traditionelle Vorstellung von politischer Diskriminierung, Aushöhlung der Demokratie und autoritärer Herrschaft vom Staat als Täter ausgeht, setzt die Verfassung dessen Macht zahlreiche Grenzen.

Daß diese Gefahr aber auch von einer autoritären oder semi-totalitären Gesellschaft ausgehen könnte, konnten sich die Väter und Mütter des Grundgesetzes noch nicht vorstellen – unterwarfen doch sowohl die Kommunisten in Rußland als auch die Nationalsozialisten in Deutschland die Gesellschaft mit Hilfe des Staates. Daß dagegen der Staat einmal letzte Bastion von Freiheit und Recht gegenüber einer ochlokratisch, einer enthemmten Gesellschaft sein könnte, schien damals wohl eher abwegig.

Doch wer schützt heute die Rechte verfolgter Minderheiten? Freiheitliche Bürgerkomitees wie noch im 19. Jahrhundert? Nein, der Staat! Egal ob die rechter Parteien und Gruppierungen bei Auftritten in Fußgängerzonen oder die von Asylbewerbern bei der Einquartierung in Gemeinden, in denen sie unwillkommen sind.

Feinde der Freiheit

Natürlich aber haben die Feinde der Freiheit den Trend längst erkannt und verlegen den Kampf gegen andere Meinungen – ganz gleich ob deren Vertreter selbst radikal sind oder nicht – auf das gesellschaftliche Feld. Wo sich übrigens, wie schon die Stasi wußte, der Gegner viel zerstörerischer zersetzen und vernichten läßt als mit den klassischen Mitteln Staatsanwaltschaft und Gefängnishaft.

Und da zudem das Grundgesetz aus demokratie-ethischen Gründen nun mal unüberwindliche Bürgerrechtsgrenzen setzt, verlegt man sich auf das gesellschaftliche Feld um zu tun, was die Verfassung im Grunde nicht erlaubt, wo sie aber aus Gründen ihrer historischen Entwicklung blind ist.

Unter diesem Gesichtspunkt ist die Zustimmung der Schweriner AfD-Fraktion dann eben doch bizarr, da sie eben jener Aushöhlung des demokratischen Ethos Vorschub leistet, der von den „Kämpfern gegen Rechts“ auch ständig gegen die AfD betrieben wird.

Und mal ehrlich, wäre die AfD beim Wähler nicht so erfolgreich und daher mächtig, wäre vielleicht nicht mit ihr, sondern über sie abgestimmt – und die Finanzierung von NPD und AfD trockengelegt worden.

Hase-und-Igel-Spiel

Es wurde immer wieder darauf hingewiesen, daß Extremismus nur politisch wirksam bekämpft werden kann (worauf auch das letztlich folgenlose Verbot der NSDAP in der Weimarer Republik verweist). Das stimmt und am Ende wird eine Vernichtung der NPD nur dazu führen, daß sich neue Strukturen bilden – so wie die NPD in den Neunziger Jahren zur „neuen“ Struktur nach dem Verbot der rechtsextremen Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP) geworden war.

Die Politik aber spielt dieses unendliche Hase-und-Igel-Spiel recht gerne mit. Lassen sich so doch immer und immer wieder neue Erfolge vermelden, ohne aber das Problem wirklich lösen zu müssen. Nicht das man das nicht wollte, aber das ist viel zu anstrengend und bringt nicht die für Wiederwahlen und gute Medienberichterstattung nötigen ständigen Erfolgsmeldungen.

„Braucht die Polizei mal gute Presse, macht sie eine Hausdurchsuchung, statt das Übel an der Wurzel zu packen, was aufwändig und langwierig ist“, klärte unlängst ein Ex-Polizist (höherer Dienst) einen Journalisten in puncto Kriminalitätsbekämpfung auf. Spektakuläre Aktionen sorgen für Applaus und machen den Bürger vergessen, daß das Problem fortbesteht – das ihn irgendwann aber wieder einholt.

NPD ist in ihrem Zustand keine Gefahr

So läuft das auch mit der NPD, die – Hand aufs Herz – in ihrem vollkommen abgewrackten und fast erbarmungswürdigen Zustand keine Gefahr, sondern ein „Witz“ ist. Das glauben Sie nicht?

Dann erinnern Sie sich mal an den Terroranschlag auf die Düsseldorfer S-Bahn im Juli 2000. Lange wurden die Täter nicht ermittelt, aber die Medien – zum Beispiel ausdrücklich der Spiegel – frohlockten, daß nach der Tat nun endlich der „Kampf gegen Rechts“ aufgenommen worden sei.

Heute wird vermutet, die Täter könnten aus dem NSU-Umfeld stammen. Vielleicht hätte man darauf ja schon viel früher stoßen können, wäre der Erfolgsdruck auf Politiker und Ermittler anhaltend geblieben und nicht verpufft, weil die Politik, von der Presse beklatscht, einen – nachweislich in der Sache zwar unschuldigen aber geeigneten Sündenbock, die NPD – präsentieren und prügeln konnte. Die Affekte des Publikums waren befriedigt – der NSU aber mordete mutmaßlich weiter.

Die anderen Parteien wollen die NPD finanziell trockenlegen Foto: picture alliance/blickwinkel
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