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Ein Eigentor schoß der Verein Bundespressekonferenz, als er Vertreter der AfD in diesem Jahr von der Einladung für den diesen Freitag stattfindenden Bundespresseball ausschloß. Der Ball ist Stelldichein von Journalisten, Politikern, Lobbyisten, ein Schaulaufen von Polit-Promis und Wichtigtuern, Adabeis der Hauptstadtschickeria – Sinnbild der Symbiose von Politik und Medien, hinter deren Kulisse demonstrativer kritischer wechselseitiger Distanz häufig genug Klüngelei und vertrauliche Beziehungen, ein reges Geben und Nehmen das Bild prägen.
Während die AfD (derzeit nicht im Bundestag, in Umfragen bei rund 15 Prozent) draußen bleibt, werden Vertreter der FDP (derzeit auch nicht im Bundestag, in Umfragen bei sechs Prozent) die Buffets im Adlon abräumen dürfen.
Quote machen – gegen die Presse
Die AfD kann die Presseball-Posse schulterzuckend abhaken als Beleg für die Unfairneß, der sich die junge Partei seitens der Presse ausgesetzt sieht. Eine ganze Reihe bekannter Journalisten von Handelsblatt bis Zeit haben die Nichteinladung indes öffentlich kritisiert. Andererseits halten nun andere der AfD zu Recht vor, Journalisten wiederholt von Parteitagen auszuschließen wie jüngst beim Nominierungsparteitag des Landesverbandes Baden-Württemberg in Kehl.
Es ist noch nicht lange her, da galt es als ehernes Gesetz, daß politischer Erfolg ohne vermittelnde Rolle der Medien nicht denkbar ist. Deshalb ist die Beherrschung und Lenkung von Medien immer Schlüsselthema für politische Akteure gewesen. In Amerika zelebrierte Donald Trump nun genüßlich seine Abneigung gegen die (überwiegend linken) Journalisten, machte damit Quote – und gewann die Wahl gegen die veröffentlichte Meinung.
Klage über den unkontrollierbaren Pöbel
Alarmiert registrieren die Strategen in den Parteizentralen von SPD und CDU, daß im Zeitalter autonomer sozialer Medien (Facebook und Twitter) ein Totschweigen unliebsamer Konkurrenten nicht mehr so elegant zu organisieren ist wie im analogen Zeitalter.
Und so hat die Klage über den unkontrollierbarer gewordenen Pöbel Konjunktur, wird gar die Politikfähigkeit des Volkes in Zweifel gezogen: Herfried Münkler, Politikwissenschaftler und Kanzlerflüsterer, erklärte jetzt im Deutschlandfunk, „große Teile des Volkes … sind nicht besonders informiert, geben sich auch keine Mühe, glauben aber dafür umso besser genau zu wissen, was der Fall ist. Also: Sie sind dumm.“
Für Projekte einer globalisierten „großräumigen Ordnung“ brauche es schon ein „mit hoher Urteilskraft ausgestattetes Volk“, so Münkler, damit die Richtigen „an den zentralen Gelenkstellen sitzen“. Geschichte ist aber keine Einbahnstraße, und Demokratie bedeutet die Entscheidung über echte Alternativen. Dafür brauchen wir eine freie Presse, kritische Journalisten und eine offene, kontroverse Debatte, die diesen Namen verdient.
JF 48/16