BERLIN. Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat CSU-Chef Horst Seehofer „hetzerisches“, „unanständiges“ und „fast ekelhaftes“ Verhalten in der Flüchtlingsdebatte vorgeworfen. Mit seiner Kritik an Bundespräsident Joachim Gauck dienten „sich Seehofer und die CSU immer deutlicher der AfD und den Kräften Rechtsaußen an“, kritisierte Roth gegenüber der Leipziger Volkszeitung.
Der CSU-Chef wolle seinem Frust über die mißlungene PKW-Maut ein Ventil verschaffen, „indem er diese diffamiert und sie in ihrer Wertigkeit gegenüber den Geflüchteten des Zweiten Weltkriegs herabsetzt“. Dies sei eines Politikers „unwürdig“. Die CSU habe sich offenbar entschlossen, „Politik ohne Rücksicht auf Verluste“ zu betreiben.
Zuvor hatte Bayerns Ministerpräsident Äußerungen Gaucks mißbilligt, in der dieser die Lage der Asylbewerber mit dem Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg verglich. Zudem warnte er vor „massenhaften Asylmissbrauch“ in Deutschland.
Ramelow: Asylbewerber zu „Neubürgern“ machen
Unterdessen warb auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) dafür, Asylbewerber wie einst die Vertriebenen zu „Neubürgern“ zu machen. Die Integration der Kriegsflüchtlinge aus dem Osten habe zur Aufbaugeneration geführt, behauptete Ramelow gegenüber der Leipziger Volkszeitung.
„Wir sollten auch heute alles daran setzen, aus Flüchtlingen Neubürger zu machen“, forderte der Linken-Politiker. Deutschland brauche „jede fleißige Hand und jeden schlauen Kopf“. Weltoffenheit sei heute gleichbedeutend mit wirtschaftspolitischer Weitsicht.
Der Fraktionschef der AfD im Thüringer Landtag, Björn Höcke, bezeichnete Ramelows Äußerungen als „Schlag ins Gesicht“ der Vertriebenen und ihrer Nachkommen. „Aus diesen Zeilen springt mich die Geschichtsverlorenheit an, die für rote Ideologen schon immer kennzeichnend war. Annähernd 100 Prozent der Asylsuchenden, die aus den Westbalkanländern nach Thüringen gelangen, sind Wirtschaftsmigranten“, sagte Höcke der JUNGEN FREIHEIT.
Die Menschen, die am Ende oder nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Ostgebieten geflohen seien, hätten dagegen Tod und Massenvergewaltigung entkommen wollen. Millionen von ihnen sei dies nicht gelungen. (cop/krk)