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Gewöhnliche Geschichtsklitterei

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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Diesen September wird es 75 Jahre her sein, daß der polnisch-deutsche Krieg ausbrach. Wenn man nun wissen will, warum in diesem Zusammenhang heute überwiegend vom deutschen „Überfall auf Polen“ die Rede ist, der scheinbar keine Vorgeschichte hat, dann ist zum Beispiel ein Blick auf das nützlich, was vor fünf Jahren so zur Sache publiziert wurde.

Damals lagen die gleichen Ereignisse 70 Jahre zurück. Das polnische Institut für die Erforschung internationaler Angelegenheiten nahm dies zum Anlaß, im Jahr 2009 einen Band polnischer Dokumente aus den Jahren 1938 und 39 herauszugeben, übersetzt in Englisch. Man wollte eine Darstellung der Vorgeschichte des Krieges aus polnischer Perspektive liefern. Sicher eine löbliche Absicht. Das älteste Dokument darin datiert vom 24. Oktober 1938, als Polen zum ersten Mal das deutsche Angebot zur Klärung der beiderseitigen Beziehungen vorgelegt wurde: Gegenseitige Grenzgarantie und Bündnis im Gegenzug gegen die Zustimmung zur Eingliederung Danzigs ins Reich und einer deutschen Autobahn nach Ostpreußen..

Nun enthalten polnische Dokumente aus der Zeit um den Jahreswechsel 1938/39 herum bekanntlich eine diplomatische Bombe. Die polnischen Botschafter in Washington und Paris berichteten damals übereinstimmend, daß in den USA der Krieg gegen Deutschland praktisch beschlossene Sache sei. Außenminister Hull und der US-Botschafter in Paris, Bullitt hätten das ihnen gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht.

Das schlug in Berlin im Januar 1939 gewaltig ein, denn es wurde durch Indiskretionen bekannt. Später nach Kriegsbeginn im September und Oktober des gleichen Jahres sandte man deshalb ein eigenes Kommando aus, um diese Berichte in Polen sicherzustellen. Man hatte Erfolg, fand die Berichte und publizierte sie als „polnische Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges“.

Es war damals eine Sensation. Tatsächlich geriet die offiziell neutrale US-Regierung in Erklärungsnot im eigenen Land. Washington griff zu einem starken Dementi und ließ verlautbaren, die Papiere seien deutsche Fälschungen. Hull und Bullitt könnten so was gar nicht gesagt haben.

Nun ja, heute weiß man – oder kann es wissen – daß diese Papiere tatsächlich echt waren. Wichtige Dinge also. Welche davon in der polnischen Publikation des Jahres 2009 auftauchen, möchten Sie vielleicht wissen? Keines. Eine Person wie William C. Bullitt, früher US-Botschafter in Moskau, dann in Paris, ein Mann mit Zugang zum Präsidenten und zweifelsfrei einer der wichtigsten Amerikaner, die sich 1939 in Europa aufhielten – fehlt sogar völlig. Er taucht in der Edition nicht auf.

Ist das wichtig? Das sollte nicht überbewertet werden. Es ist einfach ein kleiner Mosaikstein in der ganz gewöhnlichen Geschichtsklitterei über den Zweiten Weltkrieg.

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