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„Größere Toleranz für Straftaten“

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„Größere Toleranz für Straftaten“

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Jeden Tag bietet sich derzeit das gleiche Bild am Bahnhof Flaminia in Rom: Frauen und Männer schleppen in riesigen Ballen ihr Hab und Gut mit sich und versuchen es in den Vorstadtzug nach Prima Porta zu verstauen. Es sind Einwanderer aus Rumänien, darunter zahlreiche rumänische Zigeuner (Ţigan/Cigány), die über Nacht aus ihren Baracken und Provisorien verjagt wurden. Jetzt sind sie auf der Suche nach einer neuen Bleibe.

Nur noch die Alten waren geblieben, als die Carabinieri und die Männer der Stadtverwaltung mit den Abrißbaggern heranrückten und in kürzester Zeit die provisorischen Unterkünfte plattwalzten. Während die Jungen längst über alle Berge geflüchtet waren, versuchten die Alten noch die letzten Erinnerungsstücke an ihre Heimat aus ihren armseligen Unterkünften zu retten.

Anlaß des staatlichen Aktionsmus war der brutale Mord an Giovanna Reggiani, die am Abend des 30. Oktober geschlagen, vergewaltigt, beraubt und dann über ein Brückengelände in einen Graben geworfen wurde. Die 47jährige Ehefrau eines Marineoffiziers erlitt dabei so schwere Verletzungen, daß sie nach zweitägigem Koma starb (JF 46/07). Ihre Beerdigung glich einem Staatsbegräbnis. Vor der römischen Kirche Cristo Re versammelten sich neben den Angehörigen auch hohe Politiker und Hunderte von Römern.

Kampf gegen Verwahrlosung

Während der Feier kam es immer wieder zu lautstarken Zwischenrufen, viele forderten die Todesstrafe für den festgenommenen tatverdächtigen 24jährigen rumänischen Staatsangehörigen, der von den Medien als „Nomade“ bezeichnet wurde. Seit Jahren kämpfen die Behörden gegen die Verwahrlosung der Städte und die erhöhte Kriminalität durch Ausländer.

Die größte Gruppe unter den Kriminellen sind Bürger Rumäniens; und unter ihnen besonders berüchtigt sind die Zigeuner. Jeder Römer kann ein Lied davon singen. Abgesehen von der Bettelei an jeder Straßenecke  geht der Handtaschen- und Geldbörsenklau von dieser Ausländergruppe im großen Stil vor sich. Die Statistik besagt, daß pro Tag in Rom rund 100 Diebstähle in den U-Bahnen und Bussen stattfinden. Dies sind allerdings nur die offiziellen Zahlen, die zur Anzeige gebracht werden. Auch Einbrüche und Überfälle sind an der Tagesordnung.

Zahl der armen Ausländer gestiegen

Laut einer Caritas-Statistik hat sich die Zahl der armen Ausländer in Italien innerhalb des vergangenen Jahres um 700.000 auf 3,69 Millionen erhöht. Dabei sind die Rumänen mit 555.997 zahlreicher als Marokkaner (387.031) und Albaner (382.011), gefolgt von Ukrainern, Chinesen und Filipinos. Allein in Rom leben fast 300.000, etwa ein Zehntel der Hauptstadt-Bevölkerung. Mindestens gleich hoch soll die Dunkelzahl der Illegalen sein.

Bisher ignorierten die Behörden die täglichen Ängste ihrer Bürger. Postkommunist Walter Veltroni (JF 31-32/07), Bürgermeister von Rom und Parteichef der neuen Mitte-Links-Partei Partito Democratico (PD), versicherte immer wieder: „Rom ist die sicherste Stadt Europas.“

Doch nun hat eine Welle von Wut das Land erfaßt. Italienische Jugendbanden verprügelten Rumänen, die mit den Roma in einen Topf geworfen werden. Und an den Häuserwänden tauchen Inschriften mit Parolen wie „Rumänen raus“ auf. Selbst Veltroni sprach von einem „spezifisch rumänischen Problem“. Er forderte, „wenn Rumänien in der EU bleiben will, muß es den unerträglichen Massen-Exodus stoppen“.

Daß viele Bürger Rumäniens seit dem EU-Beitritt im Januar diesen Jahres Italien als das Land der Träume empfinden und deshalb in Massen hier einströmen, liegt nicht nur an der engen sprachlichen Verwandtschaft zwischen Italienisch und Rumänisch. Der frühere christdemokratische Parlamentspräsident Pierferdinando Casini nannte den Hauptgrund beim Namen: „Hierzulande herrscht die größere Toleranz für Straftaten.“

Falsch verstandene Toleranz der Behörden

Schon seit Jahren leben in Rom massenhaft Einwanderer unbehelligt in ihren armseligen Provisorien ohne Strom und Gas, fernab aller Hygiene. Am Flußufer des Tiber entlang konnte man die neuen Favelas und Slums entstehen sehen. Im Gegensatz zu Großbritannien oder Frankreich und Deutschland, wo diese Zustände von Anbeginn an unterbunden wurden, schauten die italienischen Behörden aus falsch verstandener Toleranz einfach weg.

Nun tönen markige Worte – nicht nur von der Mitte-Rechts-Opposition. Der postkommunistische Staatspräsident Giorgio Napolitano erließ kurz nach dem Mord ein Dekret zur Abschiebung potentiell gefährlicher EU-Ausländer. Selbst Ministerpräsident Romano Prodi verteidigte den Erlaß zur Ausweisung – trotz Kritik seiner kommunistischen Koalitionspartner. In einem offenen Brief an die römische Tageszeitung Il Messagero nannte er das Dekret fair und notwendig. Dabei war Prodi als früherer Chef der EU-Kommission in Brüssel immer ein Verfechter der schnellen EU-Erweiterung.

Doch Italien hat die Rechnung ohne die Regierung in Bukarest gemacht. Selbstbewußt verlangt Rumänien Aufklärung über die neuen verschärften Immigrationsbestimmungen und wendet sich an die EU. Es gab sogar empörte Aufmärsche vor der italienischen Botschaft in Bukarest. Der rumänische Ministerpräsident Călin Popescu-Tăriceanu reiste nach Rom. Man einigte sich daher vorige Woche auf eine „rumänisch-italienische Task Force“. Prodi rudert seither zurück. Es soll keine „Massenausweisungen“ geben.

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