„Pegida-Anführer nutzen Hitler-Zitate und rassistische Parolen“, das war eine der ersten Twitternachrichten Klaus Brinkbäumers. Da war der 47jährige gerade zum Chefredakteur des Spiegel ernannt worden, also zum Kommandanten des von seinem Gründer als „Sturmgeschütz der Demokratie“ bezeichneten Nachrichtenmagazins.
Mit der Twitternachricht dürfte klar sein, daß die Leser des Nachrichtenmagazins künftig wieder stärker ideologisch aufmunitioniert werden. Dabei war die Lage beim Spiegel selbst in den vergangenen Wochen „nur mit Kriegsrhetorik zu bewältigen“, wie die FAZ spöttisch bemerkt. Sie zitiert Begriffe wie Widerstand, Belagerung, Grabenkrieg, Endkampf und meint einen Machtkampf zwischen dem bisherigen Chefredakteur Wolfgang Büchner und den Online-Journalisten des Magazins auf der einen und den Printredakteuren auf der anderen Seite.
Büchner, früherer dpa-Chef, unterlag letztlich mit seinem Plan für einen digitalen Spiegel 3.0, der auf die Zusammenführung von Print- und Online-Redaktion abzielte. Seine Ära endete Ende 2014. Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe dürfte ihm spätestens im Sommer folgen.
Grabenkämpfe beenden
Das publizistische Sagen hat jetzt Brinkbäumer, ein versierter Blattmacher, der das journalistische Handwerk von der Pike auf erlernt hat. Er wurde am 13. Januar zum Chefredakteur sowie zum Herausgeber von Spiegel Online ernannt. Dessen neuer Chefredakteur ist der Islam- und Politikwissenschaftler Florian Harms. Der 41jährige gebürtige Freiburger war seit März 2011 Vize-Chefredakteur von Spiegel Online.
Brinkbäumer und Harms haben nicht nur die Aufgabe, die Grabenkämpfe in den Redaktionen zu beenden, sondern auch die „digitale Zukunft der Medienmarke Spiegel erfolgreich zu gestalten“, wie es Verlagschef Saffe formulierte.
Neue Slogan, alte Inhalte?
Und um die Auflage der Printausgabe zu stabilisieren, wurde der Erscheinungstag geändert. Montag ist nicht länger Spiegel-Tag, sondern der Sonnabend. Davon verspricht sich der Verlag mehr Leser. Studien zeigen, daß Zeitungsleser im digitalen Zeitalter den Tageszeitungen in der Woche von der Fahne gehen dafür aber am Wochenende etwas mehr Zeit mit aktuellen Publikationen verbringen. Es sind zwar nur fünf Minuten, aber angesichts des Auflagenrückgangs ist das wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer: Bringt eine längere Verweildauer doch mehr Geld von Anzeigenkunden.
Auch der bisherige Slogan gilt nicht mehr. Statt „Spiegel-Leser wissen mehr“, heißt es jetzt: „Keine Angst vor der Wahrheit“. In einem Interview des Mediummagazins hatte Brinkbäumer auf die Frage geantwortet, was ihm später einmal nachgesagt werden soll: „die Wahrheit.“ Da war er gerade Textchef des Spiegel geworden.