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Vor 2.500 Jahren gegründet: Attischer Seebund: Die NATO der Antike

Vor 2.500 Jahren gegründet: Attischer Seebund: Die NATO der Antike

Vor 2.500 Jahren gegründet: Attischer Seebund: Die NATO der Antike

Auf dem Foto befinden sich die Ruinen des antiken Athens – einer Stadt, die den Seebund beherrschte. (Themenbild)
Auf dem Foto befinden sich die Ruinen des antiken Athens – einer Stadt, die den Seebund beherrschte. (Themenbild)
Ruinen des antiken Athens – einer Stadt, die den Seebund beherrschte. Foto: Wikimedia Commons
Vor 2.500 Jahren gegründet
 

Attischer Seebund: Die NATO der Antike

Ein Militärbündnis macht Geschichte: Hellenische Kleinstaaten schlossen sich im Kampf gegen die persischen Invasoren zum Attischen Seebund zusammen. Doch die Machtgelüste einer Stadt sorgen bald für dessen Untergang. Von Alain Felkel.
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Besser hätte es im Jahr 479 v. Chr. für die griechische Sache nicht laufen können: Durch eine seltsame Laune der Götter schlugen die Hellenen an ein und demselben Tag zwei Schlachten, welche die Persergefahr für das griechische Festland beseitigte. Bei Plataiai in Böotien besiegte das Heer des Hellenenbundes unter Führung des Spartaners Pausanias und des Atheners Aristeides die persische Invasionsarmee; bei Mykale in Ionien vernichtete die griechische Kriegsflotte die persische. 


Aber noch beherrschten die Perser die Ionischen Inseln und die Küste Kleinasiens, die ihnen jederzeit als Operationsbasis zu weiteren Offensivvorstößen dienen konnten. Die Hellenen beschlossen nun ihrerseits, offensiv zu werden und die persischen Basen in Thrakien, am Bosporus und in Kleinasien anzugreifen. Pausanias erhielt den Oberbefehl über die verbündeten Streitkräfte und nahm Byzantion in Thrakien ein. Er drang jedoch nicht weiter nach Kleinasien vor, was vielen Bundesgenossen mißfiel.

Hilfesuchend wandten sie sich an Athen mit der Bitte, die Führung des Kriegs zu übernehmen. Athens Kriegsziele waren die Befreiung Griechenlands und Ioniens von den Persern, Sparta dagegen wollte nur das griechische Festland befreien und vor weiteren persischen Angriffen schützen. Der Interessengegensatz der beiden griechischen Großmächte wurde geschickt gelöst.

Der Seebund entsteht

Er endete damit, daß Sparta Athen die Leitung der Seekriegsführung abtrat und dieses unter Aristeides’ Leitung den Attischen Seebund gründete. 
Während der Gründungsperiode traten dem Bund die souveränen hellenischen Stadtstaaten („Poleis“) des griechischen Festlands, Westkleinasiens, Thrakiens und zahlreiche Inseln aus der Nordägäis bei.

Zum nominellen politischen Zentrum des Bundes wurde die heilige Insel Delos erwählt, der Sitz des delischen Apollon-Kultes. Zugleich wurde der Apollon-Tempel zum Aufbewahrungsort der Bundeskasse bestimmt und zusätzlich vereinbart, daß der Bundesrat in jedem Jahr mindestens einmal zusammentrat. 
Bei den Versammlungen des Seebundes herrschte Gleichberechtigung. Jede Polis verfügte ungeachtet ihrer Machtmittel, politischen Gewichtigkeit und territorialen Größe über eine Stimme bei der Fassung eines Beschlusses.

Als Bundesbeitrag stellten die Mächtigeren unter den Bundesgenossen der Allianz Flotten. Kleinere Poleis entrichteten den „Phoros“, einen Geldbetrag, für den Bund. Alles in allem betrug der erwirtschaftete Jahresbeitrag aller Bundegenossen 460 Talente – was etwa 12.000 Tonnen Silber entsprach. 
Die Maßnahmen hatten zur Folge, daß im Laufe der Zeit nach gesicherter Erkenntnis mindestens 150 Stadtstaaten dem Bund beitraten und die attische Flotte auf 300 Schiffe anwuchs.

Zusammen für den Sieg

Doch der Bund hatte eine Achillesferse: die Machtfülle Athens, das mit seiner Großflotte die treibende Kraft des Bündnisses war. Athens Partner schworen nämlich der mächtigen Stadt beim Eintritt in den Bund nicht nur „dieselben Freunde und Feinde zu haben“; sie beeideten auch, so lange dem Bund anzugehören, bis die beim Abschluß des Vertrags symbolisch ins Meer geworfenen Metallklumpen wieder aus den Wellen auftauchten.

Der Krieg des Attischen Seebundes gegen das persische Achämenidenreich war zunächst erfolgreich. Nachdem die Griechen die ionische Küste aus Perserhand befreit hatten, schlugen die Streitmächte des Seebundes die Perser im Jahr 465 v. Chr. in der See- und Landschlacht am Eurymedon derartig vernichtend, daß diese künftig jede größere militärische Konfrontation vermieden.

Aber nicht immer war der Seebund siegreich. Ein Angriff der Athener auf die persische Satrapie Ägypten scheiterte 454 v. Chr. nach Anfangserfolgen. Die Scharte wurde bald ausgewetzt. Etwa drei Jahre später errangen die Athener und ihre Bundesgenossen bei Salamis auf Zypern (nicht zu verwechseln mit der Seeschlacht bei Salamis 480 v. Chr. in der Nähe von Piräus) einen weiteren glänzenden Land- und Seesieg. Der anschließend durch den athenischen Staatsmann Kallias abgeschlossene Frieden mit den Achämeniden setzte den Perserkriegen 449 v. Chr. endgültig ein Ende.

Eine Stadt will dann doch dominieren

Der Triumph über die Perser machte die Ägäis zum „Mare Nostrum“ Athens. Von nun an wurde der Seebund endgültig zu einem Zwangsinstrument, das nur den Interessen des Attischen Reiches unter Athens Führung diente. Die einstmals souveränen Bundesgenossen wurden zu Vasallen degradiert, die ihre Beitragszahlungen gleich einem Tribut an Athen entrichteten. Der Beginn der neuen Ära zeigte sich auch in einem Symbolakt politischer Tragweite: der Verlagerung der Bundeskasse von Delos nach Athen im Jahr 454 v. Chr. Gleichzeitig ersetzte die Göttin Pallas Athene den delischen Apollon als Schutzgott des Attischen Seebundes.


Ungefähr zeitgleich begann der Aufstieg des Perikles zum führenden Staatsmann Athens. Da Perikles klar war, daß die Hegemonialansprüche Athens früher oder später zum Konflikt mit Sparta führen mußten, verfügte er den Bau der Langen Mauern zwischen Piräus und Athen. Gleichzeitig nutzte er den Bundesschatz zur Errichtung neuer Heiligtümer, wozu der Parthenon zählt. Athens Machtgelüste stießen jedoch auf Widerstand.

Erste Austrittsversuche einzelner Bundesstaaten wurden wie im Falle der Rebellion von Thasos in Blut erstickt. Aber noch gab es eine Macht, die Athen militärisch gewachsen war: der von Sparta angeführte Peloponnesische Bund. Sparta sah das Gleichgewicht der Mächte durch Athens bedrohliche Expansionspolitik gefährdet.

Die blutige Pause

Der Machtgegensatz führte in den Jahren 457 bis 442 v. Chr. zum „Fünfzehnjährigen Krieg“, der in einem strategischen Patt endete. Sparta und Athen schlossen einen Dreißigjährigen Frieden, der nur elf Jahre hielt. 
Ein Handelskonflikt zwischen Spartas Bündnispartner Korinth und dem von Athen unterstützten Kerkyra ließ 431 v. Chr. den Konflikt erneut aufleben.

Die politischen Spannungen entluden sich im Peloponnesischen Krieg. 27 Jahre lang rang der Peloponnesische Bund fast ununterbrochen gegen die Streitkräfte des Attischen Seebundes. Athen erfocht zur See viele Siege, erlitt indes zu Lande fast nur Niederlagen im Kampf gegen die spartanischen Hopliten, díe antiken Berufssoldaten.

404 v. Chr. kapitulierte Athen, nachdem der spartanische Oberbefehlshaber Lysander die attische Flotte ein Jahr zuvor in der Seeschlacht von Aigospotamoi vernichtet hatte. 
Die vollständige Niederlage Athens bedeutete auch die Auflösung des Attischen Seebundes. Die Allianz hatte als erstes Schutz- und Trutzbündnis wehrhafter Demokratien Geschichte geschrieben und sollte noch einmal 377 v. Chr. mit deutlich beschränkten Machtbefugnissen Athens wie Phönix aus der Asche wiederauferstehen.

JF 3/24

Ruinen des antiken Athens – einer Stadt, die den Seebund beherrschte. Foto: Wikimedia Commons
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