Anzeige
Anzeige

Die Katharsis einer morschen Welt

Die Katharsis einer morschen Welt

Die Katharsis einer morschen Welt

 

Die Katharsis einer morschen Welt

Anzeige

Cato, Palmer, Exklusiv

Dieser Tage jährt sich zum 200. Mal der unglückliche preußische Herbstfeldzug gegen das napoleonische Frankreich, der in die desaströsen Niederlagen in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 mündete. Preußen hatte zusammen mit Österreich bereits 1792 versucht, die revolutionäre Entwicklung in Frankreich zurückzudrehen, war dabei aber erfolglos geblieben und 1795 im Sonderfrieden zu Basel unter Abtretung seiner links-rheinischen Gebiete aus dem 1. Koalitionskrieg ausgeschieden. Dabei verlor es mit einem Teil des Herzogtums Kleve und der Grafschaft Geldern aber relativ bedeutungslose Territorien am Niederrhein. Zudem galt es, die in den polnischen Teilungen 1793 und 1795 gewonnenen großen Gebiete angesichts polnischer Unruhen zu sichern. Unter Führung des Außenministers Christian Graf von Haugwitz betrieb Preußen bis 1804 eine frankophile Neutralitätspolitik, die allerdings im Land umstritten war. Es blieb 1805 auch dem 3. Koalitionskrieg Englands, Österreichs, Rußlands und Schwedens gegen das napoleonische Frankreich fern, der mit dem Sieg Napoleons bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 endete. Allerdings ließen die Ereignisse des 3. Koalitionskrieges Preußen keineswegs unberührt. Zunächst drängten seit Frühjahr 1805 England und Rußland auf seinen Beistand. Als Rußland sich aber anschickte, seinen Truppen auf dem Weg nach Westen unter Verletzung der preußischen Neutralität gewaltsam den Durchzug durch preußisches Staatsgebiet zu verschaffen, ordnete Preußen am 19. September 1805 sogar die Mobilmachung gegen Rußland an. Mit der Besetzung der preußischen Territorien Ansbach und Bayreuth durch französische Truppen am 6. Oktober 1805 schlug die Stimmung wiederum gegen jegliche profranzösische Politik um. Am 16. Oktober 1805 kam es anläßlich der Aufführung von Friedrich Schillers Drama „Wallensteins Lager“ in Berlin zu einer organisierten antifranzösischen Demonstration, als sich im Publikum Offiziere und von diesen eingeladene Unteroffiziere und Soldaten des Regiments Gensdarmes von ihren Plätzen erhoben, und in Richtung der Loge des französischen Botschafters gewandt, in den Gesang des Liedes „Wohlauf, Kameraden aufs Pferd“ einstimmten. Preußen räumte nunmehr der russischen Armee den Durchzug über die damals schwedische Hafenstadt Stralsund nach Österreich ein. Zar Alexander I. kam nach Potsdam, wo am 4. November 1805 ein Vertrag geschlossen wurde, in dem sich Preußen verpflichtete, von Frankreich den Abzug seiner Truppen aus Deutschland binnen vier Wochen zu fordern und im Falle der Nichterfüllung auf seiten der Koalition in den Krieg einzutreten. Als Sondergesandter wurde der Graf von Haugwitz zu Napoleon entsandt, zu Verhandlungen kam es aber erst nach der Schlacht von Austerlitz. Napoleon, auf der Höhe seiner Macht stehend, war nun zu Zugeständnissen nicht mehr bereit. Statt dessen zwang er am 15. Dezember 1805 von Haugwitz einen Bündnisvertrag auf, in dem Preußen Ansbach und Bayreuth an Bayern abtrat und im Gegenzug dafür das von Frankreich besetzte englische Kurfürstentum Hannover erhielt. In Berlin rangen nun eine profranzösische vom Grafen von Haugwitz geführte und eine antifranzösische Richtung um Königin Luise und den nunmehrigen Außenminister Carl Philipp Graf von Hardenberg um die Vorherrschaft, wobei es der Königin gelang, die Vorstellungen der „Kriegspartei“ an den kontaktscheuen König heranzutragen. Vorerst behielt aber noch die „französische Partei“ die Oberhand, auf Druck Napoleons wurde im April 1806 von Hardenberg sogar entlassen und wieder durch von Haugwitz ersetzt. Als jedoch Anfang August 1806 bekannt wurde, daß Frankreich in geheimen Friedensverhandlungen mit England diesem die Rückgabe des nunmehr preußischen Hannover angeboten hatte, setzte sich die „Kriegspartei“ durch. Preußen mobilisierte am 9. August 1806 den Großteil seiner Armee und schloß eine neue Geheimallianz mit Rußland, der sich auch England und Schweden anschlossen. In Frankreich alarmierte die preußische Mobilmachung jedoch erst, als Anfang September 1806 Zar Alexander den bereits ausgehandelten russisch-französischen Friedensvertrag nicht bestätigte. Preußen, das seine Kräfte erheblich überschätzte und an einen raschen Sieg glaubte, hatte derweil das Königreich Sachsen besetzt, das sich daraufhin ebenfalls der Koalition gegen Napoleon anschloß. Gleichwohl standen Preußen, Sachsen und die kleineren Kontingente von Braunschweig und Hessen-Kassel allein, denn die russische Feldarmee wurde weitab bei Brest-Litowsk formiert. Am 26. September 1806 forderte Preußen Frankreich auf, seine Truppen, die nach dem Feldzug von 1805 in Süddeutschland verblieben waren, auf das Westufer des Rheins zurückzuziehen, und reichte am 2. Oktober ein auf den 8. Oktober befristetes gleichlautendes Ultimatum nach. Ebenfalls am 2. Oktober 1806 war Napoleon mit seiner Gardeinfanterie in Würzburg eingetroffen und hatte den Oberbefehl über die französische Feldarmee übernommen. Am 7. Oktober 1806 drang er mit 160.000 Mann in Thüringen ein. Dort vollzog sich auch der Aufmarsch der zwei preußischen Armeen mit 58.000 Mann unter dem Befehl des Herzog von Braunschweig und 46.500 Mann unter dem Prinzen von Hohenlohe sowie ein selbständiges Korps von 22.000 Mann unter General von Rüchel. Als die Vorhut der Armee Hohenlohe unter dem populären Prinzen Louis Ferdinand auf dem Weg Richtung Jena und Weimar am 10. Oktober 1806 bei Saalfeld auf das V. französische Korps unter Marschall Lannes traf, zerschlug das überlegene französische Korps die kleine Einheit, wobei der 34jährige Louis Ferdinand im Reitergefecht fiel. Nach der Niederlage bei Saalfeld verharrte die preußische Hauptarmee westlich von Naumburg östlich des Dorfes Auerstedt, während die Armee Hohenlohe südwestlich davon zwischen Weimar und Jena biwakierte. Napoleon vermutete hier die preußische Hauptarmee, gegen die er am 13. Oktober 1806 von Jena aus Front machte, wobei die französischen Truppen den westlich von Jena gelegenen Höhenrücken des Landgrafenberges besetzten. Zugleich schickte er den Marschall Davout mit dessen 111. Korps nach Norden, um die Preußen von dort aus im Rücken anzugreifen. Am 14. Oktober 1806 wurden sodann zwei Schlachten mit vertauschten Fronten geschlagen: Bei Jena kämpfte Napoleon nur gegen die Armee Hohenlohe, während im Norden bei Auerstedt Davouts einzelnes Korps tatsächlich auf die preußische Hauptarmee unter dem Herzog von Braunschweig traf. Als die Schlacht gegen 6.30 Uhr morgens eröffnet wurde, verfügte Napoleon über 55.000 Mann, zu denen gegen Mittag weitere 40.000 kommen sollten. Die Preußen verfügten nur über 38.000 Mann sowie das selbständige Korps von Rüchels mit weiteren 22.000 Mann zwölf Kilometer entfernt bei Weimar. Letztere schafften es aber gerade noch, am Nachmittag rechtzeitig einzutreffen, um mit Hohenlohe gemeinsam besiegt zu werden. Der Rückzug der geschlagenen Preußen entwickelte sich durch französische Kavallerieangriffe zur Flucht. Insgesamt verloren die Franzosen 5.000 Mann, die Preußen 25.000. Während Napoleon siegte, stieß Davouts 111. Korps mit 26.000 Mann nördlich von Auerstedt mit der 64.000 Mann starken Hauptmasse der preußischen Armee zusammen. Im Laufe des Vormittags nahm der Druck der überlegenen preußischen Truppen auf das französische Korps zu, doch zu diesem Zeitpunkt wurde der Herzog von Braunschweig tödlich verwundet. König Friedrich Wilhelm III., der sich bei der Hauptarmee aufhielt, war weder in der Lage, selber das Kommando zu übernehmen, noch einen neuen Oberbefehlshaber zu ernennen, so daß die preußische Kommandostruktur zusammenbrach. Die Armee begann sich aufzulösen, floh nach Süden in Richtung Jena und traf unterwegs auf die entgegenkommenden Tausende von Flüchtenden. Dem französischen Doppelsieg folgte eine unnachgiebige Verfolgung der geschlagenen Preußen durch die französischen Truppen, vor allem durch deren Kavallerie. War diese militärische Situation für die Preußen schon trostlos, so erwies sich der nachfolgende Zusammenbruch des Staates als noch viel schlimmer. Bereits am 16. November 1806 wurde die preußische Festung Erfurt kampflos an französische Kavallerieeinheiten übergeben, die über keinerlei Artillerie oder gar Belagerungstechnik verfügten. Während am 17. Oktober 1806 der Gouverneur von Berlin plakatieren ließ: „Der König hat eine Bataille verloren. Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht“, flüchtete der preußische Hof nach Königsberg. Am 26. Oktober 1806 zogen die ersten französischen Truppen in Berlin ein. Am 28. Oktober kapitulierten die Reste der preußischen Feldarmee bei Prenzlau unter dem Oberbefehl des Prinzen von Hohenlohe. Die in Berlin verbliebenen Staatsbeamten, darunter sieben preußische Minister, leisteten einen „ewigen Treueeid“ auf Napoleon. Am 11. November 1806 wurde schließlich die Festung Magdeburg mit einer Besatzung von 20.000 Mann kampflos den Franzosen übergeben. Niederlage bahnte den Weg für notwendige Reformen Dennoch beendete die Auslöschung der preußischen Armee und des Staates Friedrichs des Großen nicht den Krieg. Von Königsberg aus lehnte Friedrich Wilhelm III. am 21. November 1806 Napoleons Bedingungen für einen Friedensschluß ab. Sein Entschluß wurde von der willensstarken Königin Luise und durch das Versprechen russischer Unterstützung noch gestärkt. Es folgte der auf seiten der Koalition vor allem von russischen Truppen getragene Winterkrieg in Ostpreußen und Polen von 1806/07, der am 8. Februar 1807 in die Schlacht von Preußisch Eylau einmündete, die mit großen Verlusten für beide Seiten, aber ohne eindeutiges Ergebnis ausging. Napoleon behielt dennoch nach der Schlacht von Friedland am 14. Juni 1807 die Oberhand, woraufhin Rußland den Kampf aufgab und am 7. Juli 1807 der Frieden von Tilsit geschlossen wurde. Preußen, das als nunmehr nachrangiger Faktor an den eigentlichen Friedensverhandlungen nicht beteiligt war, mußte am 8. Juli 1807 die ihm auferlegten Friedensbedingungen entgegennehmen. Preußen mußte seine westlich der Elbe gelegenen Landesteile sowie große Teile der 1793 und 1795 gewonnenen polnischen Gebiete abtreten, seine Armee auf 42.000 Mann reduzieren, die Stationierung von 150.000 französischen Besatzungssoldaten hinnehmen und eine Kriegsentschädigung in Höhe von 140 Millionen Francs zahlen. Es folgten die schweren Jahre der „Franzosenzeit“ bis zum Befreiungskrieg von 1813. Allerdings bedingte die staatliche Not nach 1806 das Wagnis der Reformen, aus denen Preußen im 19. Jahrhundert seine Dominanz begründen sollte. Foto: Edouard Detaille, „Die Trophaee“ (1898), Französischer Soldat mit der preußischen Fahne: Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
Hierfür wurden keine ähnlichen Themen gefunden.