HEIDENHEIM. Der deutsche Technologiekonzern Voith Group hat angekündigt, 2.500 Arbeitsplätze zu streichen. Voith habe mit „strukturellen Herausforderungen“ zu kämpfen, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens vom Dienstag. „Dazu gehören insbesondere hohe Energie- und Arbeitskosten, komplexe regulatorische Anforderungen und ein insgesamt hoher bürokratischer Aufwand“, begründet das Unternehmen die Maßnahme. Auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT sagte eine Voith-Sprecherin, Ziel sei nun, „tragfähige Perspektiven zu schaffen und Arbeitsplätze dort zu sichern, wo nachhaltige Zukunftsfähigkeit besteht“.
Gegenüber dem Südwestrundfunk (SWR) betonte der Geschäftsführer des Unternehmens, Dirk Hoke, die „Standortnachteile, in denen wir in der Form einfach nicht wettbewerbsfähig sind“. Daher treffe es in den kommenden zwei Jahren auch die deutschen Niederlassungen. „Ich möchte auch nicht irgend jemanden verantwortlich machen – wir sind es natürlich am Ende des Tages selbst und wir müssen da aus eigener Kraft wieder rauskommen“, sagte Hoke weiter. Ziel sei: „Die Organisation stärken, Innovation beschleunigen und Wachstumschancen nutzen – das müssen wir jetzt gemeinsam angehen, nicht zuletzt, um den Standort Deutschland zu sichern.“
Stellenabbau trifft besonders Deutschland
Die Voith Group verzeichnet einen Umsatz von 5,2 Milliarden Euro und beschreibt sich als „globales Powerhouse“ in den Kernindustrien Antriebstechnik, Wasserkraft und Papierherstellung. Insgesamt beschäftigt der Konzern rund 22.000 Mitarbeiter an mehr als 60 Standorten weltweit. Das 1867 gegründete Familienunternehmen würde den Plänen zufolge mehr als zehn Prozent seiner Belegschaft verlieren.
Auf Anfrage des SWR bestätigte eine Sprecherin, die Stellenstreichung treffe Deutschland und den Hauptsitz in Heidenheim überproportional. Hierzulande arbeiten 7.000 Menschen für Voith, davon allein 3.800 in Heidenheim.
Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo (SPD) hofft im SWR-Interview, daß der Hauptsitz „vielleicht nicht ganz so stark betroffen wird“. Die Stadt sei laut Salomo mit der Gründerfamilie und dem Unternehmen eng verbunden. „Wenn einer der größten Arbeitgeber solche Maßnahmen ankündigt, wird er das auch nicht ohne Zwang und Nöte tun. Aber ja, es wird spürbar sein.“
Compliance-Schulung als „Meilenstein auf dem Weg zur Nachhaltigkeit“
Auf seiner Website wirbt das Unternehmen mit „Nachhaltigkeit“. Voiths Anspruch: „Industrielle Nachhaltigkeit ist unser Geschäftsmodell. Damit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie und sichern gleichzeitig unser Wachstum.“ Die Firma bekennt sich zu den zehn weltweit gültigen Prinzipien des Globalen Pakts der Vereinten Nationen, „unter anderem in den Bereichen Menschen- und Arbeitsrechte, Vielfalt und Anti-Korruption“.
Bereits das vergangene Jahr war für Voith ein „herausforderndes Geschäftsjahr“, wie es im „Nachhaltigkeitsbericht 2024“ heißt. Man habe aber das „Geschäftsmodell der industriellen Nachhaltigkeit konsequent weiterverfolgt und wichtige Fortschritte im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie realisiert“. Ein „Meilenstein auf dem Weg zur Nachhaltigkeit“ sei ein neues, globales Schulungsformat für die Voith-Compliance-Beauftragten gewesen.
Voith setzt auf „Diversity“
Voith betont im Nachhaltigkeitsbericht, seit 2020 zu den „Diversity Leaders“ in Europa zu zählen „und zum dritten Mal in Folge in den entsprechenden Special Report der Financial Times aufgenommen“ worden zu sein. Man gelte damit „erneut als Arbeitgeber mit einer besonderen Führungsrolle im Bereich Diversity und Inclusion“.
Im Geschäftsbericht 2022 resümierte der damalige Vorstandsvorsitzende Toralf Haag noch, der Voith-Konzern befinde sich „in robuster Verfassung, finanziell und operativ“. Das Geschäftsmodell habe sich „einmal mehr als resilient erwiesen“. Die Strategie des Konzerns würde greifen, meinte Haag. Die damalige Annahme: „Die klare Ausrichtung auf die Megatrends Dekarbonisierung und Digitalisierung und insbesondere unsere strategische Fokussierung auf nachhaltige Technologien zahlen sich aus.“
Die jetzigen Stellenstreichungen hätten auf die Nachhaltigkeitsstrategie keinen Einfluß, sagte eine Sprecherin des Unternehmens der JF: „Wir halten an unseren gesetzten Zielen und Maßnahmen und Commitments – etwa beim Global Compact der Vereinten Nationen – fest und setzen unser vielfältiges Engagement im Bereich DEI fort.“ (rsz)






