MÜNCHEN. Der vom Ifo-Institut ermittelte Geschäftsklima-Index gilt als der wichtigste konjunkturelle Frühindikator. Nun ist er im Vergleich zum Juni von 92,2 Punkten auf 88,6 Punkte gesunken. Das gab das Institut gestern bekannt. Damit hat der Index den tiefsten Stand seit zwei Jahren erreicht.
Der Referenzwert macht die Dramatik klar. Damals, im Juni 2020, befand sich Deutschland mitten in der ersten Corona-Krise. Und die Wirtschaft war skeptisch, wie sie den Lockdown verkraften würde. Millionen Arbeitnehmer befanden sich in Kurzarbeit, die staatlichen Soforthilfen erreichten die Unternehmen bis dahin praktisch nicht.
Über die aktuelle Situation sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest: „Deutschland steht an der Schwelle zur Rezession.“ Das gemessene Geschäftsklima habe sich in allen Branchen zum Teil deutlich verschlechtert. Besonders düste blicke die Industrie in die Zukunft. Hier verzeichne man bereits den ersten Auftragsrückgang seit zwei Jahren.
Dienstleistungs-Aufschwung nur ein Strohfeuer?
Auch im Dienstleistungssektor habe sich die Stimmung gedreht. Dies ist besonders dramatisch, weil sich dort sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe gerade Nachholeffekte nach den Zwangsschließungen bemerkbar machten. Offenbar handelte es sich – gemessen an den eigenen wirtschaftlichen Erwartungen – lediglich um ein Strohfeuer.
Nicht nur die Aussichten sind miserabel, die Konjunktur sei bereits jetzt zurückgegangen, sagen die Ifo-Experten. Die Hoffnung, daß die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht, wird sich – so sehen es die Wirtschaftsforscher – wohl nicht bewahrheiten.
Denn auch die Erwartung, daß das Geld, das die Deutschen während der Corona-Pandemie beiseite gelegt hatten, nun ausgegeben wird, hat sich nur kurzfristig bestätigt. Nun setzen die Inflationsängste der Kauflust der Deutschen und damit dem Gewerbe zu. Das Portemonnaie bleibt viel häufiger verschlossen als noch im Frühling. Im gesamten Dienstleistungssektor und auch im Handel ist der Index regelrecht eingebrochen.
Auch andere Zeichen stehen auf Abschwung
Unterstrichen werden die pessimistischen Zeichen, die das Ifo-Institut gemessen hat, auch durch andere Parameter. So ist die deutsche Handelsbilanz erstmals seit Jahrzehnten ins Minus gerutscht. Heißt: Der einstige Exportweltmeister Deutschland mußte mehr Waren und Dienstleistungen einführen, als die Wirtschaft umgekehrt exportierte.
Hinzu kommt die Energiekrise. Die Commerzbank zum Beispiel sieht die Ursache für den massiven Einbruch des Ifo-Geschäftsklima-Index vor allem in der Sorge vor Gas- und Strommangel. Laut Chefvolkswirt Jörg Krämer deuteten sowohl die Entwicklung der Ifo-Zahlen als auch die des Einkaufsmanagerindexes klar auf einen Abschwung der deutschen Wirtschaft hin. Der Welt sagte er: „Wie schlimm es am Ende wird, liegt leider vor allem in Putins Händen.“ (fh)