BERLIN. Der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt hat die sozialpolitische Kehrtwende der SPD kritisiert. Die SPD sei dabei, „das arbeitsmarkt- und rentenpolitische Rad wieder zurückzudrehen“, warnt Schmidt gegenüber der Süddeutschen Zeitung.
Die lange Bezugsdauer von Arbeitslosengeld sei ein Problem gewesen, das mit der Agenda 2010 überwunden worden sei. Bis dahin sei „das allzu häufig als eine recht auskömmliche Brücke in die Rente mißbraucht“ worden. „Mir scheint, daß die schmerzlichen Erfahrungen der Vergangenheit mittlerweile völlig in Vergessenheit geraten sind, als die Wirtschaftspolitik noch verzweifelt nach Wegen gesucht hat, einen gewaltigen Sockel an Langzeit-Arbeitslosigkeit abzubauen“, beklagt er.
Kritik an Mindestlohn-Vorschlägen
Werde das Arbeitslosengeld wieder länger gezahlt, könne dies dazu führen, „daß das Rentenalter weniger schnell ansteigt“ als dies durch den demografischen Wandel erforderlich wäre. Auch gegen die Forderung der Sozialdemokraten nach einem Mindestlohn von zwölf Euro wendet sich Schmidt. „Die vergangenen Jahre waren eine Phase günstiger konjunktureller Bedingungen, das muß aber nicht so bleiben.“ Gut gemeint sei nicht gleich gut gemacht.
Die Sozialdemokraten hatten zudem gefordert, Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger zu reduzieren und einen längeren Bezug von Arbeitslosengeld I zu gewähren.
Zuvor hatte sich bereits die CDU gegen die Pläne ihres Koalitionspartners gestellt. Die Abschaffung des „Fördern und Fordern als Prinzip“ sehe sie sehr kritisch, sagte die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer in den ARD-„Tagesthemen“. Sie frage sich, warum Steuerzahler jemanden unterstützen sollen, von dem nicht einmal mehr verlangt werde, seine Meldepflichten wahrzunehmen. (tb)