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EU legalisiert US-Laborgetränk

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Verbraucherschutzminister Horst Seehofer ist gescheitert. Sein Versprechen, das Weinhandelsabkommen zwischen EU und USA zu verhindern, konnte er nicht halten. „Wir müssen sie (die deutschen Weinerzeuger) davor schützen, daß unser Markt mit billigem Laborwein überschwemmt wird“, hatte der CSU-Politiker gefordert. Im EU-Ministerrat wurden dann aber am 20. Dezember Österreich, Portugal und Deutschland von den anderen Mitgliedern überstimmt. Die großen Weinnationen Frankreich, Italien und Spanien knickten dabei vor der US-Drohung ein, ansonsten ihren lukrativen Weinexport in die USA mittels bürokratischer Zulassungsbestimmungen zu erschweren. Kaum betroffene EU-Neumitglieder wie das Weinland Ungarn oder die Slowakei bewiesen hingegen erneut ihre Vasallentreue zu Washington. Wirtschaftliche Streitigkeiten zwischen der EU und den USA sind nichts Neues. Am bekanntesten wurden die Debatten über Bananen aus den ehemaligen europäischen Kolonien, Schutzzölle auf ausländische Stahlimporte in den USA und die staatlichen Subventionen für Airbus in der EU und Boeing in den USA. Daher ist auch der Streitfall über den Weinhandel, der schon seit zwei Jahrzehnten gärt, nicht verwunderlich. Nun will ihn die EU-Kommission nach eigener Wahrnehmung erfolgreich beigelegt haben. So vermeldete die EU-Kommission bereits am 15. September 2005, daß sie per Abkommen mit den USA den Schutz europäischer Bezeichnungen verbessert und den größten EU-Absatzmarkt für Wein gesichert habe. Nachdem die USA zum neuen Jahr ein neues bürokratisches Zertifizierungssystem für Weinimporte einführen und nur diejenigen Länder davon freistellen, die ihre önologischen Verfahren auf Gegenseitigkeit anerkennen, sind nun auch die EU-Länder dank dieses Abschlusses davon befreit. Auf den ersten Blick mag das auch für die EU-Weinbauern erfreulich sein, aber der Teufel steckt für den Deutschen Weinbauverband (DWV) und andere Wein-Lobbyisten aus Deutschland im Detail. So kritisiert man dort seit Mitte September, daß Grundsatzpositionen einfach aufgegeben würden, denn in den USA würden önologische Verfahren praktiziert, die in der EU nicht zulässig seien. Internationale Standards für die Weinproduktion wurden zwar durch das Weltweininstitut OIV ausgearbeitet, aber aufgrund des vor einigen Jahren erfolgten Austritts der USA aus diesem Gremium wurden diese von Washington nie anerkannt. Die EU wird aber, wenn der US-Kongreß dem Schutz von siebzehn europäischen Bezeichnungen wie zum Beispiel Chablis, Mosel und Bordeaux zustimmt, die bisher nur in den USA zulässigen Weinbereitungsverfahren akzeptieren. Nach Angaben des DWV darf in den USA dem Wein Wasser, und Gerbstoffe zugeführt werden, und Eichenholzchips in Edelstahltanks dürfen die Eichenfaßlagerung ersetzen. Am meisten fürchtet man sich hierzulande vor spinning cone column, ein Verfahren, bei dem man den Wein in seine Bestandteile zerlegt, eindampft und dann unter der Zuführung von Aromen neu kreiert. Begriffe wie „Labor-“ oder „Coca-Cola-Weine“ machen nun die Runde, da ein solcher Wein immer gleich schmecken wird. Auch der Verband der Prädikatsweingüter (VDP) schloß sich dem Protest an. Man sehe zwar keine Wettbewerbsgefahren für deutsche Weinbauern, aber man befürchte eine tiefe Verunsicherung der Verbraucher, so VDP-Präsident Michael Prinz zu Salm. Dies sei auch durch die unterschiedliche Sichtweise bedingt: In Europa gilt Wein als handwerkliches Kulturgut, in den USA wird es zum reinen Industrieprodukt. Gegen dieses Abkommen wandte sich schließlich auch die Politik. Die Grünen und auch die CDU sprachen sich vehement dagegen aus. Hessens Landesregierung hat Mitte November 2005 im EU-Ausschuß der Regionen sogar eine Ablehnung des Handelsabkommens gefordert, und der Landwirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Hans-Artur Bauckhage (FDP), wandte sich an die Bundesregierung und gleichfalls an die EU-Kommission: „Die Anstrengungen der EU-Kommission zugunsten der europäischen Erzeuger sind zu intensivieren.“ Während die deutschen Weinerzeuger, ihre Lobbyisten und manche Politiker sich die Haare raufen, ist in Brüssel nicht nur die EU-Kommission erleichtert, obwohl selbst das EU-Parlament Ende September das Verhandlungsergebnis der Kommission kritisierte. Dagegen begrüßte das Europäische Weinforum, die Organisation der europäischen Weinlobby, das Ergebnis der Verhandlungen. Denn wäre der Konflikt nicht endlich beigelegt worden, so hätten die USA ihn vor die Welthandelsorganisation gebracht, vernimmt man von dort. Marion Wolters vom Europäischen Weinforum ist sich sicher: „Da hätten wir glatt verloren.“ Interessanterweise gab es seit Beginn des Konflikts 1984 auch immer wieder Ausnahmen für US-Exporteure. So stehen Laborweine seit zwei Jahrzehnten in EU-Supermarktregalen. Für die EU-Weinlobby ist das zu beschließende Abkommen damit nur eine Legalisierung des bereits vorherrschenden Zustandes. Allerdings dürfte den wenigsten Verbrauchern bisher klar sein, daß sie bereits Laborweine kaufen können. Und auch weiterhin sollen ebendiese Weine nicht gekennzeichnet werden. Allerdings sieht Slow Food Deutschland, die sich als Verbraucherschutzorganisation zwar auch gegen das Abkommen wendet, ebenso Chancen, wenn es bei dieser Einigung zwischen Europa und Amerika bleiben sollte. Wie beim Bier könnte sich so ein Reinheitsgebot für Wein etablieren, was die Chancen für deutsche Produkte auf dem Weltmarkt aus Sicht der Organisation verbessern werde. „Deshalb unterstützt Slow Food die Forderung von Michael Prinz zu Salm“, so Vorstandsmitglied Otto Geisel. Salm sprach sich als einer der ersten für ein Reinheitsgebot aus, damit der Verbraucher frei entscheiden könne. Inzwischen wird diese Forderung auch von Verbraucherschutzminister Seehofer mitgetragen. Ein solches Gebot soll eine natürliche Weinproduktion garantieren. So wird darin zum Beispiel der Einsatz von Unkrautvertilgungsmittel, Enzymen und der Zusatz von Ascorbinsäure, Kaliumsorbat und Süßreserve untersagt. Mit der Zustimmung durch den EU-Ministerrat stehen die deutschen Winzer nun vor neuen Herausforderungen und sehen sich einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt. Ob sie diesen für sich entscheiden können, hängt alleine davon ab, wie sie die Verbraucher durch Aufklärungskampagnen überzeugen können. Ein Reinheitsgebot könnte eine Maßnahme sein, mit natürlicher Qualität auch in den USA Kunden zu gewinnen. Foto: Deutscher Wein im New Yorker Laden Astor Wine and Spirits: Schon seit Jahren immer wieder Ausnahmen für US-Exporteure

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