Ihrem Namen, dem sie natürlich treu bleibt, zum Trotz: Im 21. Jahr ihres Bestehens ist die JUNGE FREIHEIT endgültig erwachsen geworden. Wetteiferte einst eine Mannschaft von Junggesellen miteinander, wer spätnachts am längsten im Büro saß, so haben die meisten Redakteure nun Familie und Interesse an einem geregelten Feierabend.
Entsprechender Beliebtheit erfreut sich der neue Produktionsplan, nach dem die letzten Seiten jeden Dienstag um 19 statt wie zuvor um 23 Uhr an die Druckerei gehen. Leidtragender ist einzig das Dienstleistungsgewerbe in der Person des "Brötchenmanns", der uns jahrelang von "Käse, Schinken, Ei" über Milchreis mit Kirschen bis zum Schokoriegel mit der notwendigen Nervennahrung versorgt hat, um die schier endlosen Stunden bis zum Redaktionsschluß durchzustehen. Er kennt alle Vorlieben und Marotten, weiß, ob ein Kunde lieber Mozzarella oder Feta ißt, viel oder wenig Dressing auf dem Salat mag, wer ein Schleckermaul und wer gerade auf Diät ist. Wenn die Dämmerung her-aufzog und der wackere Unternehmer mit seinen zwei großen Rotkäppchen-Körben nicht in Sicht war, sandte der Chefredakteur schon mal einen elektronischen Hilferuf an alle Mitarbeiter: "Wo bleibt der Brötchenmann?"
Der böse Wolf hat ihn bislang verschont, und den Pleitegeier wird ihm die JF mit ihrer neuen preußischen Pünktlichkeit hoffentlich nicht auf den Hals jagen.