BRÜSSEL. Der EU-Abgeordnete Friedrich Pürner (BSW) hat seinen Austritt aus der Wagenknecht-Partei angekündigt. Er erkenne „die Ziele und Visionen im Handeln vieler Mitglieder“ nicht wieder, sagte der 57jährige Politiker am Donnerstag der Welt.
Das BSW habe einen autoritären Parteiaufbau und eine strenge Mitgliederaufnahme. „Ein Zirkel von Ex-Linken im Bundesvorstand manipuliert und schüchtert Kritiker ein“, betonte Pürner. Diese „intriganten Personen“ setzten dabei ihren Willen durch.
Parteichefin Sahra Wagenknecht sei dabei nicht das zentrale Problem – sondern ihre Vertrauten im Bundesvorstand. „Sahra ist eine blitzgescheite Frau, aber um sie herum hat sich ein gefährlicher Führungskult entwickelt“, sagte der Politiker. Diese Parteivertreter verrieten ihre eigenen Werte.
Pürner: „Wagenknecht ist die Partei entglitten“
Dem BSW-Schatzmeister Ralph Suikat schickte Pürner nach eigenen Angaben ein Austrittsschreiben – auch darin beklagte er nach eigenen Angaben eine hierarchische Parteistruktur. Wagenknecht sei „die Partei leider entglitten“. Andere Personen hätten „die Fäden in der Hand“ und hätten „mit antidemokratischen Mitteln das BSW bereits in großen Teilen in eine Linke 2.0 verwandelt“, heißt es in dem Brief.
„Im Inneren des BSW herrscht eine Kultur des Mißtrauens und der Überwachung. Ein autoritäres Verhalten hat sich breitgemacht“, wird in dem Brief weiter ausgeführt. Entscheidungen von Funktionären blieben intransparent, so der Vorwurf Pürners. Eine Gruppe „machttaktisch erfahrener Personen“ habe die Partei übernommen, „sich Posten gesichert und die interne Macht an sich gerissen“.
Die Regierungskoalitionen, an denen sich das BSW in Thüringen und Brandenburg beteiligte, hätten viele Wähler enttäuscht. „Beide Koalitionen waren falsch“, bekräftigte der Politiker. „Besonders für eine Koalition in Thüringen hat man unsere Überzeugungen über Bord geworfen.“
Mehrere Hundert Mediziner protestierten damals
Pürner, von Beruf Arzt, leitete in der Vergangenheit das Gesundheitsamt im bayerischen Landkreis Aichach-Friedberg. Nachdem er im Laufe des Jahres 2020 mehrfach öffentlich die Corona-Politik der Landesregierung kritisiert hatte, wurde er im Herbst 2020 an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit versetzt. Selbst interpretierte er diese Versetzung als Versuch der Bestrafung seiner Person.
Mehrere Hundert Mediziner protestierten damals mit einem offenen Brief gegen die Versetzung. Die Ablösung Pürners sei ein inakzeptabler Versuch „legitime und in der aktuellen Situation notwendige ärztlich-wissenschaftliche Diskussionen zu unterdrücken“, hieß es in dem Brief, wie der BR damals berichtete.
Im Juni 2021 veröffentlichte Pürner das Buch „Diagnose Pan(ik)demie“. Später trat er dem BSW bei und wurde im Januar 2024 auf die Europawahlliste des BSW gewählt. Nach der EU-Wahl im Juni zog er in das EU-Parlament ein. (lb)