Anzeige
Anzeige

Haft in Ungarn: Verdächtiger Linksterrorist Simeon T.: „Ich verkörpere Orbáns Feindbild“

Haft in Ungarn: Verdächtiger Linksterrorist Simeon T.: „Ich verkörpere Orbáns Feindbild“

Haft in Ungarn: Verdächtiger Linksterrorist Simeon T.: „Ich verkörpere Orbáns Feindbild“

Simeon T. beim Prozeß in Budapest: Er sieht sich als Justizopfer
Simeon T. beim Prozeß in Budapest: Er sieht sich als Justizopfer
Simeon T. (rechts) beim Prozeß in Budapest: Er sieht sich als Justizopfer Foto: Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Denes Erdos
Haft in Ungarn
 

Verdächtiger Linksterrorist Simeon T.: „Ich verkörpere Orbáns Feindbild“

Der in Ungarn inhaftierte Simeon T. sinniert über Rechtsstaatlichkeit und Pazifismus. Als es um seine mutmaßlichen Gewalttaten geht, druckst er plötzlich herum.
Anzeige

BERETTYÓÚJFALU. Simeon T., der in Ungarn mehrerer brutaler Angriffe auf politische Gegner beschuldigt wird, hat sich erneut als Opfer staatlicher Willkür dargestellt. „Egal was ich mache, ich werde vorverurteilt“, behauptete der Inhaftierte der gegenüber der taz, die ihn als erstes Presseorgan im Gefängnis besucht hatte.

Er hoffe, die deutsche Justiz werde eine Möglichkeit finden, ihn in die Bundesrepublik zurückzuholen. Er sähe solche Bemühungen als Wiedergutmachung für die im nachhinein als rechtswidrig eingestufte Auslieferung.

Der 24jährige, der sich als „nonbinär“ identifiziert und „Maja“ nennt, vertraut nicht auf die ungarische Justiz. „Wenn man nur die Eigenschaften queer und antifaschistisch nimmt, dann weiß ich, daß ich das Feindbild von Orbán verkörpere“, gab Simeon T. zu bedenken. Die Frage sei, ob Deutschland sich mit dem ungarischen Ministerpräsidenten gemein machen wolle.

Simeon T. befindet sich aktuell im Haftkrankenhaus in Berettyóújfalu nahe der rumänischen Grenze. Dorthin war er nach seinem 40 Tage langen Hungerstreik verlegt worden. Der mutmaßliche Gewalttäter war zuvor in einem Gefängnis in Budapest untergebracht gewesen. Dort beschwerte er sich immer wieder über die Haftbedingungen und verweigerte als Reaktion auf zu wenig Sonnenlicht und angebliche Isolation die Nahrung. Nach seiner Genesung soll der junge Mann dorthin zurückverlegt werden. Davor graue es Simeon T., der das Haftkrankenhaus bevorzuge, in dem er nachts Schafe blöken höre.

Simeon T. denkt über erneuten Hungerstreik nach

Auch rückblickend bewertet der mutmaßliche Linksterrorist die drastische Maßnahme als richtig. „Es war ein Hilferuf. Eine Anklage, was mir widerfährt. Ich hatte mich lebend begraben gefühlt. Und dieses Grab hat sich geöffnet“, erklärte er. Er denke aktuell darüber nach, den Hungerstreik wieder aufzunehmen. „Werden mir meine Rechte weiter verwehrt, bin ich bereit, das zu tun.“

Simeon T. wird vorgeworfen, im Februar 2023 gemeinsam mit anderen Linksradikalen aus Deutschland, Italien und Ungarn in Budapest gezielt Menschen vermummt und hinterrücks angegriffen zu haben, die sie aufgrund ihrer Kleidung als rechtsextrem einschätzten. Mehrere Menschen waren bei den brutalen Attacken teils schwer verletzt worden. Sie erlitten Knochenbrüche, Prellungen und große Platzwunden.

„Es bringt nichts, sich im Pazifismus zu verlieren“

Der Thüringer muß sich seit Februar bei seinem Prozeß in Budapest der schweren Körperverletzung und des versuchten Mordes verantworten. Er könnte dafür eine Gefängnisstrafe von bis zu 24 Jahren erhalten.

Ob er schuldig ist, wollte Simeon T. im Gespräch mit der taz nicht beantworten. Er gab jedoch an, Antifaschist zu sein. „Das ist für mich eine Grundhaltung, die jeder haben sollte.“ Er wünsche sich zwar eine Welt ohne Gewalt, doch die Realität lasse dieses Ideal nicht zu. „Sich im Pazifismus zu verlieren und die Augen davor zu verschließen, wie ungerecht die Welt ist, macht sie nicht besser. Aber ich versuche, mein Handeln an diesem Ideal einer gewaltfreien Welt zu messen“, unterstrich der Thüringer. (zit)

Simeon T. (rechts) beim Prozeß in Budapest: Er sieht sich als Justizopfer Foto: Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Denes Erdos
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
aktuelles