BERLIN. SPD-Politiker haben Kulturstaatsminister Wolfram Weimer aufgefordert, die Plagiats-Affäre um das zur Weimer Media Group gehörende The European aufzuklären. Das Online-Magazin hatte hunderte Beiträge zahlreicher Autoren per Copy and Paste auf seinem Portal veröffentlicht, ohne daß diese jemals für The European geschrieben hatten oder davon wußten.
Der Skandal begann im Jahr 2017, als Weimer noch Geschäftsführer seiner Verlagsgruppe war. Dieses Amt gab er am 8. Mai, zwei Tage nach seiner Ernennung zum Minister, ab. Bis heute ist er nach Recherchen der JUNGEN FREIHEIT – anders als von der Bundesregierung dargestellt – Inhaber des Unternehmens. Das belegt die im Handelsregisterauszug beigefügte Gesellschafterliste. Er und seine Frau Christiane Goetz-Weimer halten weiterhin jeweils 50 Prozent der Anteile.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner zog nun Weimers Eignung als Regierungsmitglied in Zweifel: „Das Erstaunen über den Umgang von Herrn Weimer mit Texten und Beiträgen Dritter wird jeden Tag größer. Der Bedarf nach einer Stellungnahme des Kulturstaatsministers auch“, sagte er dem Tagesspiegel: „Ansonsten drängt sich allmählich der Eindruck auf: Hier sitzt der falsche Mann auf dem falschen Posten.“
Stegner: Weimer soll mit „gutem Beispiel vorangehen“
Ein Kulturstaatsminister solle „ein Anwalt all jener sein, für die das Urheberrecht wichtig ist“, sagte der SPD-Politiker: „Er sollte da, auch vor Übernahme seines Amtes, mit gutem Beispiel vorangehen.“
Auch der kultur- und medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rabanus, kritisierte Weimer: „Ich hoffe auf und erwarte die vollständige Aufklärung und Ausräumung der schwerwiegenden Vorwürfe.“ Diese Aufklärung müsse im Interesse der Person, aber auch des Amtes „sehr zügig erfolgen“, forderte er im Tagesspiegel.
Die Vorwürfe, ungefragt und unhonoriert unzählige Beiträge zu plagiieren und kommerziell zu nutzen, kamen durch AfD-Chefin Alice Weidel ins Rollen. Sie hat die Weimer Media Group inzwischen abmahnen lassen und eine Unterlassungserklärung verlangt (die JF berichtete). Es steht der Verdacht der Urheberrechtsverletzung im Raum. Weidel spricht von „rechtswidrigen Veröffentlichungen“.
Weimer-Gruppe spricht von „Kampagne rechter Kreise“
Die Weimer Media Group wehrt sich mit dem Gegenvorwurf, es handele sich um „eine Kampagne rechter Kreise“. Weidels mehr als hundert Beiträge wurden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gelöscht. Von der Autorenseite verschwanden nach JF-Informationen plötzlich auch zahlreiche weitere Namen, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz, Ex-Außenministerin Annalena Baerbock, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, Papst Franziskus, Linken-Ikone Gregor Gysi, Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck, Ex-FDP-Chef Christian Lindner und BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. Später wurde die gesamte Seite gelöscht.
Inzwischen meldete sich auch der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen als Betroffener: „Ich soll auch Autor bei The European gewesen sein. Schön, daß ich das jetzt erfahre“, schrieb er auf X.
Zudem hat die JUNGE FREIHEIT von der Staatskanzlei des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) exklusiv erfahren, daß der von der Weimer Media Group ausgerichtete und heute sowie morgen stattfindende „Frankfurt Finance & Future Summit“ mit 30.000 Euro öffentlicher Mittel finanziell gefördert wird. Es ist das erste Mal, daß die private Firma eines Bundesministers mit Steuergeldern unterstützt wird. (fh)