STUTTGART. Das Mammutverfahren gegen den Gründer der „Querdenken“-Bewegung, Michael Ballweg, hat noch kein Ende gefunden. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung haben Revision gegen das Urteil der vergangenen Woche eingelegt.
Damit ist die Entscheidung vorerst nicht rechtskräftig. Die schriftlichen Urteilsgründe sollen innerhalb von 15 Wochen vorliegen, danach haben die Beteiligten einen Monat Zeit, ihre Revision zu begründen.
Das Landgericht hatte Ballweg vom Vorwurf des versuchten Betrugs in 9.450 Fällen freigesprochen. Schuldig gesprochen wurde er jedoch wegen Steuerhinterziehung – das Gericht beließ es hier bei einer Verwarnung. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor drei Jahre Haft sowie den Einzug von mehr als einer halben Million Euro gefordert. Sie warf Ballweg vor, seine Unterstützer über die Verwendung von Spenden für „Querdenken 711“ getäuscht und die Gelder für sich verwendet zu haben.
Ballweg der „politische Gefangene“
Ballweg saß auf Beschluß des Oberlandesgerichts insgesamt 279 Tage in Untersuchungshaft, begründet mit angeblicher Fluchtgefahr, die sich später nicht bestätigte. Im April 2023 wurde er aus der Haft entlassen. Bereits im Prozeßverlauf zeigte sich, daß die Beweisführung der Staatsanwaltschaft in mehreren Punkten schwierig war. Das Gericht sprach von „Grenzen der Ermittelbarkeit“ und hatte eine Einstellung des Verfahrens nach Paragraph 153 Strafprozeßordnung – Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit – vorgeschlagen, was die Staatsanwaltschaft ablehnte.
Ballweg gründete 2020 „Querdenken 0711“ als Protestbewegung gegen die Corona-Maßnahmen. Einzelne Demonstrationen zogen mehr als 20.000 Teilnehmer an. Zur Urteilsverkündung kamen über hundert Unterstützer vor das Gerichtsgebäude, begrüßten ihn mit Applaus und Transparenten und bezeichneten ihn als „politischen Gefangenen“. (rr)