BERLIN/KIEW. Am 9. Mai will CDU-Chef Friedrich Merz in die Ukraine reisen – dann als Bundeskanzler. Drei Tage vorher ist seine Wahl im Bundestag geplant. Gleichzeitig treiben er und sein wahrscheinlicher Außenminister Johann Wadephul (CDU) die Lieferung deutscher Marschflugkörper voran.
Merz will am Treffen der „Koalition der Willigen“ teilnehmen, zu dem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj laut dem Magazin Politico eingeladen hat. Dort werden auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie der britische Premierminister Keir Starmer und sein polnischer Amtskollege Donald Tusk erwartet. Sie wollen der Ukraine weitere Waffenlieferungen zusagen.
Offenbar möchte Merz nicht mit leeren Händen in Kiew auftreten. Er drängt schon seit langem auf eine schnelle Lieferung der deutschen „Taurus“-Marschflugkörper. Der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dies bisher verweigert, weil die Ukraine mit den Waffen aufgrund der großen Reichweite auch Moskau beschießen könnte.
Pistorius widerspricht Merz bei Ukraine-Waffen
Wadephul betonte gegenüber den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, der designierte Kanzler habe seine Bereitschaft wiederholt, „den Taurus auch als Hebel für eine Politikänderung durch Rußland einzusetzen“. Dies sei „ein wichtiges Signal“. Bei seiner Presseoffensive erklärte der CDU-Außenpolitiker im Tagesspiegel: „Wir dürfen keine Sekunde mehr zögern. Alles Zaudern der vergangenen Jahre, jedes Zurückhalten von Material, hat am Ende Putin nur ermutigt. Diesen Fehler werden wir nicht fortsetzen.“
Allerdings teilt der geschäftsführende und vermutlich auch neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Position von Scholz. Für die Lieferung von „Taurus“ gebe es zwar gute Argumente, es gebe aber auch „viele Argumente, gute Argumente dagegen“. Nur einen Teil dieser Abwägungen könne man öffentlich diskutieren, sagte er laut Welt bei einer SPD-Veranstaltung in Hannover zum Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag. Außerdem widersprach Pistorius der Behauptung, er sei schon immer für eine solche Waffenhilfe gewesen sei: „Ich habe das nie gesagt.“
Unbeirrt von diesen Bedenken zeigte sich Wadephul optimistisch, eine gemeinsame Entscheidung mit der SPD zur „Taurus“-Lieferung zu erzielen: „Auch die SPD weiß – nicht zuletzt seit den erneuten russischen Kriegsverbrechen in Sumy –, daß man mit Putin anders umgehen muß.“ Er glaube nicht, „daß die SPD-Zustimmung ein Knackpunkt ist“. (fh)