DÜSSELDORF. Der deutsche Einzelhandel hat Alarm geschlagen, weil Ladendiebstähle drastisch zunehmen und die Täter immer skrupelloser agieren. Organisierte Banden setzen gezielt Minderjährige ein. „Man kann sich nicht vorstellen, was die alles raustragen“, klagt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg.
Nach Schätzungen des Kölner EHI Retail Institute kommt es täglich zu rund 100.000 Diebstählen in deutschen Geschäften. Der Gesamtschaden beläuft sich auf mehr als vier Milliarden Euro jährlich. Davon entfallen 2,82 Milliarden Euro auf die Kundschaft, 910 Millionen auf eigene Mitarbeiter und 370 Millionen auf Dienstleister und Lieferanten.
Obwohl laut Innenministerium im vergangenen Jahr 43.910 Fälle registriert wurden – ein Rückgang um 6,7 Prozent – geht der Handel von einer hohen Dunkelziffer aus. Das EHI schätzt, daß weniger als zwei Prozent der tatsächlichen Taten angezeigt werden. Der Einzelhandel reagiert mit Kameras, Detektiven und künstlicher Intelligenz. Die Sicherheitskosten summieren sich auf jährlich rund 200 Millionen Euro – mit begrenzter Wirkung. Besonders professionell organisierte Banden sind laut Innenministerium für ein Viertel des Gesamtschadens verantwortlich.
Handel will junge Ladendiebe bestrafen
Laut Polizei hat mehr als jeder zweite Tatverdächtige keinen deutschen Paß, jeder vierte Ladendieb ist minderjährig. Die bevorzugte Beute: Alkohol, Markenkleidung, Elektronik, Kosmetika – also alles, was klein, teuer und leicht versteckbar ist.
Der Handelsverband fordert nun eine Absenkung des Strafmündigkeitsalters. Kinder seien heute früher reif, argumentiert Hagmann – zudem müsse der Datenschutz gelockert und die Justiz gestärkt werden. „Diebstahl darf keine Straftat ohne Konsequenzen sein.“ Das CDU-geführte baden-württembergische Innenministerium sieht hingegen keinen Bedarf für härtere Strafen. (rr)