BERLIN. Die Bundestagsverwaltung hat entschieden, 2025 keine Abordnung zum Christopher Street Day (CSD) zu entsenden. Eine vorherige Anmeldung werde zurückgezogen, zitiert die Berliner Zeitung aus einem Schreiben des „Regenbogen-Netzwerks“. Das Netzwerk hatte sich Anfang des Jahres unter der damaligen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) innerhalb der Verwaltung gegründet. Seit März ist ihre Nachfolgerin Julia Klöckner (CDU) im Amt.
Eine Parlamentssprecherin bestätigte die Absage. Aufgrund der gebotenen Neutralitätspflicht nehme die Bundestagsverwaltung nicht an politischen Demonstrationen teil, hieß es. Außerhalb des Dienstes stehe Mitarbeitern eine Teilnahme aber frei.
Die Veranstalter des CSD reagierten empört: „Diese Entscheidung wäre kein passives Wegducken – sie wäre eine aktive politische Absage an queere Sichtbarkeit.“ Die Nichtteilnahme an der Veranstaltung sei keine Symbolik, sondern Ausdruck eines demokratischen Grundkonsens. „Sollte ausgerechnet die Verwaltungsspitze der Bundestagsverwaltung dies aktiv untersagen – es wäre ein politischer Tabubruch.“
CDU-Politiker fordert Neutralitätsprinzip zu umgehen
Wer die Teilnahme an der Demonstration untersage, kündige „stillschweigend den Konsens auf, daß Grundrechte sichtbar verteidigt werden“, argumentierten die Veranstalter laut Tagesspiegel. Es handele sich um einen „Rückschritt für alle, die in Institutionen für Menschenrechte, Vielfalt und Demokratie eintreten“. Die Mitglieder des „Regenbogen-Netzwerks“ seien daher eingeladen, auf dem offiziellen CSD-Truck mitzufahren.
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Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak forderte das „Regenbogen-Netzwerk“ zur Teilnahme am CSD auf. Er wünsche sich eine Lösung „jenseits der gebotenen Neutralitätspflicht“, sagte der Politiker. Die Werte der Veranstaltung seien die Werte, für die auch der Bundestag einstehe.
Auch die queerpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Nyke Slawik, sprach von einem „verheerenden Signal“. Klöckner verweigere queeren Mitgliedern ihrer Verwaltung die Sichtbarkeit.
Klöckner will keine Regenbogenfahne zum CSD hissen
Klöckner hatte im Mai bereits angekündigt, die Regenbogenflagge nicht – wie es zuvor üblich war – am Tag des CSD zu hissen. Denn dieser lebe „als Tag der Versammlung, des Protests und der Feier von seiner kraftvollen Präsenz auf den Straßen“. Die Menschen trügen die Regenbogenflagge an diesem Tag „zu Recht auf vielfältige Weise“ selbst, sie müsse daher „nicht durch die Institution Bundestag“ verbreitet werden. Ausschließlich am 17. Mai, dem 35. Jahrestag der Streichung von Homosexualität aus dem WHO-Diagnoseschlüssel für Krankheiten.
Noch keine Entscheidung soll es darüber geben, ob Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine Eröffnungsrede beim CSD halten werde. Vergangenes Jahr hielt Wegner nach einem Streit mit den Veranstaltern keine Rede, nahm aber trotzdem am Umzug teil. (lb)