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Diplomaten gegen Minister: Antiisraelische Plakate im Auswärtigen Amt – Bundesregierung reagiert

Diplomaten gegen Minister: Antiisraelische Plakate im Auswärtigen Amt – Bundesregierung reagiert

Diplomaten gegen Minister: Antiisraelische Plakate im Auswärtigen Amt – Bundesregierung reagiert

Außenminister Johann Wadephul, der Israel kritisiert
Außenminister Johann Wadephul, der Israel kritisiert
Soll israelkritischer werden: Außenminister Johann Wadephul. Foto: IMAGO / dts Nachrichtenagentur
Diplomaten gegen Minister
 

Antiisraelische Plakate im Auswärtigen Amt – Bundesregierung reagiert

Im Auswärtigen Amt in Berlin machen Diplomaten gegen Israel mobil. Israelkritische Postkarten sollen den Kurs von Außenminister Wadephul beeinflussen. Das Ministerium spricht von einer „offenen Diskussionskultur“.
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BERLIN. Das Auswärtige Amt hat zurückhaltend auf antiisraelische Plakate und Postkarten reagiert, die in der Zentrale in Berlin aufgetaucht sind. Das Ministerium pflege „eine offene Diskussionskultur“, hörte die JUNGE FREIHEIT am Donnerstag aus dem Amt. „Klar ist dabei stets, daß die Entscheidungsfindung auf dem etablierten Weg der Vorlagen und Unterrichtung der Hausleitung durch die zuständigen Arbeitseinheiten erfolgt, mit Einbeziehung aller relevanten Expertise des Hauses oder auch anderer Ministerien.“

Alle Kollegen seien dazu eingeladen, ihre Meinungen „in den AA-internen Entscheidungsprozeß einzubringen“. Zuvor hatte der Spiegel berichtet, daß in den vergangenen Wochen an manchen Bürotüren in „den Korridoren der Zentrale“ Postkarten oder Plakate der Organisation Medico International aufgetaucht waren. Auch in der Kantine seien sie zu finden gewesen.

„Genozidale Kriegsführung Israels“

Das Material kreist um die israelische Kriegsführung im Gazastreifen. Auf den Karten steht in großen roten Lettern vor dem Hintergrund einer Trümmerszene: „Eines Tages werden alle immer schon dagegen gewesen sein.“ Auf seiner Website wirft Medico der Bundesregierung unter diesem Motiv vor, „die genozidale Kriegsführung Israels in Gaza“ zu unterstützen.

Die Behauptung, im Gazastreifen finde ein Völkermord statt, widerspricht diametral der Auffassung, wie sie die Bundesregierung öffentlich vertritt. Trotzdem wollte das Auswärtige Amt gegenüber der JF nicht sagen, wie es die Materialien bewertet und ob die Ministeriumsleitung dafür sorgt, daß Karten und Plakate künftig nicht mehr auftauchen.

Medico, das Geld vom deutschen Entwicklungsministerium erhält, ist für seinen israelkritischen Aktivismus bekannt. Die Organisation arbeitet dabei auch mit fragwürdigen Gruppierungen wie etwa der palästinensischen NGO „Al Mezan“ zusammen. Diese bezeichnete den Überfall der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 als „Operation in Reaktion auf eskalierende israelische Verbrechen gegen das palästinensische Volk“.

130 Diplomaten schließen sich zusammen

Der Plakat- und Postkartenprotest im Auswärtigen Amt steht offenbar im Kontext einer zunehmend kritischeren Haltung von Teilen der deutschen Diplomaten gegenüber der Israel-Politik der Amtsspitze. Laut Spiegel haben sich rund 130 Beamte des Ministeriums in einer Gruppe zusammengefunden, die sich gelegentlich trifft, in Chats kommuniziere und wegen der Lage im Gazastreifen eine israelkritischere Politik fordert. Das Motto sei dabei: „loyal nonkonform“.

In der Gruppe sollen sich vor allem jüngere Diplomaten der niedrigeren Ebenen befinden, etwa Referenten oder stellvertretende Referatsleiter. Das Auswärtige Amt bestätigte dem Spiegel demnach die Existenz der Gruppierung. Zwei Staatssekretäre hätten sich auch schon mit ihnen getroffen. Das Magazin berichtet überdies, daß ein Treffen mit Außenminister Johann Wadephul geplant sei.

Koalition uneins über richtigen Kurs

Auch im politischen Berlin hat sich die Debatte über die deutsche Israel-Politik zuletzt zugespitzt, auch innerhalb der Koalition. So kritisierten mehrere Sozialdemokraten, darunter Fraktionschef Matthias Miersch, daß sich Deutschland einer Stellungnahme von 30 Staaten nicht angeschlossen hat. Darin heißt es, das Leiden in Gaza habe „einen neuen Tiefpunkt“ erreicht. Israels Politik wird als „inakzeptabel“ verurteilt.

Deutschland solle hier „nicht ausscheren“, sagte Miersch. Zugleich forderten die SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetović und Rolf Mützenich, das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel auf Eis zu legen und Waffenexporte zu stoppen, „die völkerrechtswidrig eingesetzt werden“. Die Stellungnahme wurde über den offiziellen Account der SPD-Fraktion bei X verbreitet.

Bundeskanzler Friedrich Merz nahm am Mittwoch für sich in Anspruch, einer der Ersten gewesen zu sein, „der in aller Deutlichkeit auch in Deutschland gesagt hat, daß die Zustände dort [in Gaza; Anm. d. Red.] nicht länger hinnehmbar sind“. Mit Blick auf die Koalition sagte er, es gebe „in der Sache keine Meinungsverschiedenheiten“. Man sei sich „vollkommen einig“.

Verhandlungen über Waffenstillstand halten an

Auch Wadephul hat die israelische Kriegsführung in Gaza bereits deutlich kritisiert. So betonte er im Mai, man lasse sich als Bundesregierung nicht „zu einer Zwangssolidarität“ mit dem jüdischen Staat zwingen. In der Zeit wiederholte er jüngst, daß humanitäre Standards in der Küstenenklave „bisher nicht vollständig“ eingehalten würden. Zugleich stellte er klar, daß Deutschland „selbstverständlich“ weiter Waffen liefern werde.

Israel und die Hamas im Gazastreifen verhandeln derzeit nach wie vor über einen weiteren Waffenstillstand und die Freilassung israelischer Geiseln. Hilfsorganisationen warnen vor massenhaftem Hunger. Laut der Times of Israel erkannte ein israelischer Regierungsvertreter am Dienstag zwar an, daß Maßnahmen getroffen werden müßten, um die humanitäre Lage in Gaza „zu stabilisieren“. So habe zuletzt spürbar weniger Hilfe die palästinensische Bevölkerung erreicht. Allerdings machte er die Vereinten Nationen dafür verantwortlich, die die gelieferte Hilfe nicht verteilten. (ser)

Soll israelkritischer werden: Außenminister Johann Wadephul. Foto: IMAGO / dts Nachrichtenagentur
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