BERLIN. Der Bundestag debattiert am Donnerstag darüber, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD eingeleitet werden soll. Ein entsprechender Antrag wurde offiziell auf die Tagesordnung gesetzt. Die Debatte wird nach aktuellem Plan gegen 17:30 Uhr stattfinden.
Zur Diskussion steht ein Gruppenantrag, der von 113 Abgeordneten unterzeichnet wurde. Die Initiatoren wollen beim Bundesverfassungsgericht beantragen, festzustellen, daß die Partei verfassungswidrig sei. Zugleich sollen die Bundesregierung und die Landesregierung aufgefordert werden, die für das Verbotsverfahren nötige Staatsfreiheit der Partei herzustellen, also etwa V-Männer abzuschalten.
Die AfD sei „völkisch-national“
„Die AfD wendet sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, heißt es in der Antragsbegründung. So stelle die Partei die Würde des Menschen infrage und strebe „eine völkisch-nationale Stärkung eines vermeintlichen Deutschtums“ an.
Der Antrag beruft sich unter anderem auf den Verfassungsschutz, Gerichtsurteile und „eine Reihe von investigativen journalistischen Recherchen“. Er verweist auch auf die sogenannte „Potsdamer Konferenz“ von Ende 2023, bei der Pläne zur Remigration entwickelt worden seien, „die weit über jeglichen rechtsstaatlichen Rückführungswillen Ausreisepflichtiger hinausgehen“.
Sollte das Bundesverfassungsgericht die AfD nicht verbieten, so soll nach dem Willen der Antragsunterstützer jedenfalls die Verfassungswidrigkeit der Jungen Alternative festgestellt werden. Die Partei selbst müsse dann von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden. Die AfD hat auf ihrem Bundesparteitag in Riesa vor zweieinhalb Wochen entschieden, eine neue Jugendorganisation zu gründen.
Konkurrierender Antrag ist vorsichtiger
Einen konkurrierenden Antrag bringen 43 Abgeordnete der Grünen-Bundestagsfraktion ein. Er stellt fest, es bestünden „erhebliche Anzeichen“ für die Verfassungswidrigkeit der AfD. Allerdings wollen die Abgeordneten nicht direkt einen Verbotsantrag beim Verfassungsgericht stellen, sondern zunächst die Bundestagspräsidentin auffordern, „Gutachter zur Prüfung der Erfolgsaussichten“ zu bestimmen. Erst danach soll entschieden werden.
Zur Begründung verweisen die Abgeordneten darauf, daß die Hürden für ein Parteiverbot „zu Recht hoch“ seien. „Selbst wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz in der von ihm angekündigten Prüfung zu dem Ergebnis käme, die AfD vom ‘Verdachtsfall‘ zur gesichert rechtsextremen Bestrebung hochzustufen, wäre damit nicht gesichert, daß die weit schärferen Voraussetzungen eines Parteiverbots erfüllt sind.“
Auch Abgeordnete der Union mischen mit
Außerdem sei der Nachweis einer verfassungsfeindlichen Ausrichtung im Falle der AfD schwerer zu erbringen als etwa seinerzeit bei der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Im Gegensatz zu dieser verstecke sich die AfD oft „hinter schillernden Formulierungen“.
Wesentlich vorangetrieben wird der erste Verbotsantrag von Marco Wanderwitz (CDU). Der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung unter Angela Merkel scheidet mit Ablauf der Legislaturperiode aus dem Bundestag aus. Neben ihm gehören unter anderem auch Anton Hofreiter, Ricarda Lang, Claudia Roth (alle Grüne), Roderich Kiesewetter (CDU) und Ralf Stegner (SPD) zu den Unterstützern eines sofortigen Verbotsantrags. Nicht dabei sind bislang Abgeordnete der Fraktionen von BSW und FDP.
AfD-Chefin Alice Weidel hatte bereits im Oktober kritisiert, der Verbotsantrag gegen ihre Partei spiegele „den undemokratischen Ungeist der Konkurrenzparteien wider“. Sie zeigte sich zuversichtlich, daß der Antrag den Bundestag gar nicht erst passiere. Auch innerhalb der anderen Parteien werde thematisiert, daß man nicht einfach 20 Prozent der Bürger von der demokratischen Teilhabe ausschließen könne. (ser)