Im Fall des Magdeburger Weihnachtsmarktattentäters geraten immer mehr die deutschen Behörden unter Druck. So mehren sich die Beispiele für Warnungen vor Taleb Abdulmohsen, der am Freitagabend mit einem Auto in die Menschenmenge des Weihnachtsmarktes raste und dabei fünf Menschen tötete und rund 200 weitere verletzte.
Mehrere Personen warnten offenbar schon vor Monaten vor dem Arzt aus Saudi-Arabien, der sich quasi öffentlich in den sozialen Medien radikalisierte und konkrete Gewaltdrohungen gegen Deutschland aussprach, wo er seit 2006 lebt. Die Welt steht demnach mit einer Frau aus dem arabischen Land in Kontakt, die sich unter anderem an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewandt hatte. Sie nannte dabei den vollen Namen von Abdulmohsen und dessen Geburtsdatum. Doch dort verwies man sie aufgrund mangelnder Zuständigkeit an die Polizei.
Die Sicherheitsbehörden hatten Abdulmohsen jedenfalls spätestens im vergangenen Jahr im Blick. Jedoch kamen sowohl das Bundeskriminalamt (BKA) als auch das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt in Magdeburg zu der Einschätzung, daß von dem Mann, der sich in einem FAZ-Interview selbst als radikalsten Gegner des Islam bezeichnet hatte, „keine konkrete Gefahr“ ausgehe.
Magdeburger Todesfahrer radikalisierte sich weiter
BKA-Chef Holger Münch sagte dem ZDF, daß es jedoch im November 2023 eine unspezifische Warnung aus Saudi-Arabien vor dem Magdeburger Attentäter gegeben habe. „Hier ist auch ein Verfahren eingeleitet worden. Die Polizei in Sachsen-Anhalt hat dann auch entsprechende Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen“, führte Münch weiter aus. Er räumte auch ein, daß Abdulmohsen wegen Beleidigungen und Drohungen auch den Behörden bekannt war. Der spätere Todesfahrer war 2013 wegen Drohungen verurteilt worden und hätte einen Tag vor dem Anschlag wieder einen Gerichtstermin gehabt.
Während der weiteren Monate im Vorfeld des Magdeburger Weihnachtsmarktanschlages steigerten sich die Gewaltpläne des Ex-Muslims weiter. So schrieb er im August 2024 auf X: „Gibt es einen Weg zur Gerechtigkeit in Deutschland, ohne eine deutsche Botschaft in die Luft zu sprengen oder wahllos deutsche Bürger zu massakrieren? Ich suche seit Januar 2019 nach diesem friedlichen Weg und habe ihn nicht gefunden.“
Faeser verspricht Aufklärung
Das BAMF veröffentlichte am Nachmittag des 21. Dezember eine Stellungnahme auf X. Darin betonte es, den Hinweis auf Abdulmohsen ernst genommen zu haben, stellte zugleich aber heraus, nicht zuständig gewesen zu sein. „Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde ist, wurde die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen.“
— BAMF (@BAMF_Dialog) December 21, 2024
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich gegenüber der Bild-Zeitung und versicherte: „Die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden laufen auf Hochtouren. Das Bundeskriminalamt unterstützt die Ermittlungen der Behörden in Sachsen-Anhalt. Die Ermittlungsbehörden werden alle Hintergründe aufklären. Dabei wird auch genau untersucht, welche Hinweise es in der Vergangenheit bereits gab und wie diesen nachgegangen wurde.“ (ag)