BERLIN. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat angekündigt, das Streikrecht in Bereichen der kritischen Infrastruktur künftig zu überdenken. „Das ist etwas, was man sich anschauen muß – aber nicht in den laufenden Tarifverhandlungen“, sagte der Politiker im „Morgenmagazin“ des ZDF mit Blick auf die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL.
Gewerkschaften hätten in Deutschland das Recht, zu streiken. Allerdings gehe mit diesen Rechten auch eine Verantwortung für die Allgemeinheit einher. „Ich finde es bedauerlich, daß ein Eisenbahner wie Herr Weselsky dem System Schiene so großen Schaden zufügt“, bemerkte er in Richtung des GDL-Chefs.
Deutsche Bahn scheitert im Eilverfahren gegen GDL
Unterdessen ist die Deutsche Bahn mit dem Versuch gescheitert, den neuerlichen Streik der Lockführergewerkschaft gerichtlich im Eilverfahren zu stoppen. Sowohl am Montag als auch am Dienstag lehnte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main diesbezügliche Anträge des Unternehmens ab. „Unter Abwägung des Vorbringens der Parteien sah die Kammer unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie die hier streitgegenständliche Arbeitskampfmaßnahme als nicht unverhältnismäßig an“, bekräftigten die Richter am Montag abend.
„Mit dem Urteil ist ein für alle Mal der Beweis erbracht, daß der Vernichtungsfeldzug des DB-Vorstands gegen die GDL nicht erfolgreich sein kann“, kommentierte GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstag die Schlappe der Deutschen Bahn. Der Bahnkonzern sei nun dazu angehalten, ein neues, besseres Angebot zu unterbreiten, damit man wieder an den Verhandlungstisch zurückkommen könne.
Am Wochenende hatte sich die FDP Bayern ähnlich wie Verkehrsminister Wissing geäußert und für eine längere Mindestankündigungsfrist für Streiks plädiert. Mehrtägige Streiks in der kritischen Infrastruktur sollten außerdem nur dann zulässig sein, wenn ein Schlichtungsverfahren erfolglos geblieben ist. Bisher kommt das Schlichtungsverfahren in Tarifkonflikten umgekehrt genau dann zum Einsatz, wenn bereits gestreikt wird.
Die @fdpbay hat Vorschläge zur Reform des Streikrechts vorgelegt. Arbeitsniederlegungen sollen künftig 96 Stunden vorher angekündigt werden müssen. Mehrtägige Streiks im Bereich der kritischen Infrastruktur sollen nur noch nach erfolglosem Schlichtungsverfahren zulässig sein. pic.twitter.com/FFkZup6Eyi
— Martin Hagen (@_MartinHagen) March 12, 2024
CSU und Grüne teilen Wissings Kritik
CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach sich ebenfalls für Mindestankündigungsfristen bei Streiks aus. „Millionen Pendler werden in Geiselhaft genommen“, kritisierte der Christsoziale am Dienstag im Gespräch mit dem Münchner Merkur. Weselsky mißbrauche das Streikrecht nur „für persönliche Machtphantasien“. Es gehe ihm nur um „Chaos“.
Doch auch die Grünen hatten sich zuletzt kritisch über die Streiks geäußert. „Ich finde auch inzwischen nicht mehr nachvollziehbar, was die GDL fordert“, unterstrich Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) vergangene Woche dem SWR gegenüber. Die Deutsche Bahn sei der Gewerkschaft weit entgegen gekommen. Nun müsse sich auch die GDL bewegen.
Seit Ende vergangenen Jahres streikt die Lokführergesellschaft GDL in mehreren kurzfristig angekündigten „Streikwellen“ für Forderungen wie etwa eine höhere Vergütung im Bahnverkehr, bessere Arbeitszeiten und eine bessere betriebliche Altersvorsorge. (fw)