Das neue Jahr 2024 könnte in Deutschland zu Umbrüchen führen, die das Land seit langem nicht mehr erlebt hat. Bei mehreren wichtigen Wahlen könnte die AfD die bisher in der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik dominierenden alten Parteien überflügeln.
Auf der linken Seite entsteht mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eine weitere Alternative. Ob sich die Ampel-Koalition von der Haushaltskrise erholen wird, ist unsicher. Die besonders von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und seiner Partei ungehindert weiter fortgesetzte Transformation dürfte den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands beschleunigen.
Schon seit dem 1. Januar macht sich der von der Ampel perfektionierte Wohlfahrtsstaat in den Geldbörsen von 5,5 Millionen Menschen bemerkbar: Das Bürgergeld steigt um zwölf Prozent, was für Erwachsene einen Anstieg um 61 Euro auf 563 Euro monatlich bedeutet.
Das ist weit mehr als jede Erhöhung für Rentner, denen überdies (im Unterschied zu ehemaligen Beamten) kein Inflationsausgleich gezahlt wird. Die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages – das ist der Teil des Einkommens, der als Existenzminimum gilt und steuerfrei bleiben muß – wird von der Ampel als Entlastung der arbeitenden Bürger verkauft, ist aber in Wirklichkeit nur eine verfassungsrechtlich gebotene Maßnahme für andernfalls durch die Inflation entstehende steuerliche Mehrbelastungen.
Wird Wagenknecht mit ihrer Politik Erfolg haben?
Dieser Tage will Wagenknecht ihre neue Partei gründen, Ende Januar soll ein erster Parteitag stattfinden. Es dürfte das endgültige Aus der alten Linkspartei bedeuten, deren Bundestagsfraktion sich bereits aufgelöst hat. Wagenknecht will eine Adresse auch für Protestwähler sein, die zur AfD tendieren. Ob die Rechnung aufgehen wird, bleibt abzuwarten. Angestrebt wird von der neuen Partei eine Bewerbung bei der Europawahl sowie bei allen Landtagswahlen im Jahr 2024.
Im Februar wird das Oberverwaltungsgericht Münster entscheiden, ob die AfD vom Verfassungsschutz bundesweit als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft werden darf, was die Vorinstanz bejaht hatte. Auswirkungen auf Wahlergebnisse werden wie schon beim ersten Urteil nicht erwartet.
Unabhängig von allen Entwicklungen wird die rot-grün-gelbe Gesellschafts- und Wirtschaftstransformation vorangetrieben: Bereits jetzt dürfen im Regelfall nur noch Wärmepumpen in Neubauten eingebaut werden. Der Umwelteffekt ist verhältnismäßig gering, aber die Baukosten dürften enorm steigen und der darbenden Bauwirtschaft einen weiteren Schlag versetzen.
Wer wird Kanzlerkandidat?
Frei werden könnten die Räumlichkeiten bisheriger Gaststätten, da zahlreiche Gastronomie-Betriebe nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar und wegen Personalmangels mutmaßlich schließen werden.
Am 9. Juni stehen die Wahlen zum Europäischen Parlament an. Ohne vorherige Änderungen in allen Politikbereichen droht den Ampelparteien eine Katastrophe. Die AfD könnte mit einem Triumph rechnen, falls Wagenknecht nicht auf ihre Kosten zu gut abschneidet. Außerdem werden in acht Bundesländern Kommunalwahlen abgehalten, wo ebenfalls erhebliche Zuwächse für die AfD erwartet werden. In der CDU/CSU wird nach der Europawahl die Frage spannend, wer Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2025 wird. Die Entscheidung dürfte noch 2024 fallen.
Schneidet die Union bei der Europawahl verhältnismäßig gut ab, könnte Oppositionsführer Friedrich Merz das Rennen für sich entscheiden. Andernfalls rücken die Bewerbungen der CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (Nordrhein-Westfalen) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) in den Fokus. Von der CSU hält sich Parteichef Markus Söder für geeignet, auch wenn ihm dies die gesamte CDU auszureden versucht. Nicht vergessen werden sollte der unauffällig in Hessen regierende Boris Rhein, der sich mit seiner CDU-SPD-Koalition deutlich gegen die schwarz-grün orientierten anderen CDU-Regierungschefs positioniert hat.
Sollte es im Laufe des Jahres zu einem Koalitionswechsel im Bundestag kommen und Merz Regierungsmitglied – zum Beispiel unter einem SPD-Kanzler Boris Pistorius – werden, wäre der Weg zur Kanzlerkandidatur für den CDU-Chef frei. Neuwahlen werden derzeit als unwahrscheinlich eingeschätzt.
In Sachsen und Thüringen wird 2024 gewählt
Aber auch ohne vorgezogene Bundestagswahl sind 2024 noch einige politische Erdbeben möglich. Am 1. September werden in Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. Derzeit liegt die AfD in Umfragen auf Platz eins – ebenso in Brandenburg, wo am 22. September ein neuer Landtag gewählt wird. In Thüringen war eine der letzten Umfragen für die AfD mit 36 Prozent besonders hoch.
Steigt die AfD weiter, wäre bereits bei 42 Prozent der Stimmen wegen der Zersplitterung des Parteienspektrums die absolute Mehrheit für AfD-Landeschef Björn Höcke möglich. Allerdings ist auch das Abschneiden der Wagenknecht-Partei zu berücksichtigen. Ein Problem bei möglichen Regierungsbildungen ist, daß die CDU kein Bündnis mit den Linken eingehen will. Wie dann noch Regierungen gegen die AfD gebildet werden sollen, wird eine spannende Frage.
Ein außenpolitisches Ereignis könnte die deutsche Politik nach dem 5. November völlig durcheinanderbringen: In den USA wird ein neuer Präsident gewählt. Würde ein republikanischer Politiker und eventuell sogar Donald Trump gewählt werden, wäre mit einer Reduzierung oder sogar dem Ende der Ukraine-Hilfen zu rechnen.
Es gibt aber auch positive Maßnahmen für 2024 zu vermelden: Seit Ende vergangenen Monats müssen in der EU für Telefone, Tablets und andere elektronische Geräte einheitliche Ladestecker des Typs USB-C verwendet werden.