BERLIN. Ein neues Beweismittel in dem Prozeß um die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park hat Zweifel an der Anklage aufkommen lassen. Während des ersten Verhandlungstages am Landgericht Berlin am Donnerstag wurde bekannt, daß Ende vergangenen Jahres auf dem Handy eines Tatverdächtigen ein siebensekündiges Video entdeckt wurde.
Darauf soll eine Frau zu erkennen sein, die knieend einen Mann oral befriedigt. Ob es sich dabei um die Klägerin handelt oder der Oralverkehr erzwungen war, gehe aus den Aufnahmen allerdings nicht hervor. Sollte der Geschlechtsverkehr auf dem Video als einvernehmlich eingestuft werden, würde eine Verurteilung wegen Vergewaltigung unwahrscheinlich.
Handy lag monatelang im Gefängnis
Den drei afrikanischen Angeklagten werden neben Vergewaltigung zusätzlich gefährliche Körperverletzung und schwerer Raub vorgeworfen. Im Juni 2023 sollen die drei Afrikaner die Frau vergewaltigt, ihren Ehemann angegriffen und das Paar ausgeraubt haben.
Das Video tauchte in den vorherigen Ermittlungen nicht auf, da es zusammen mit den Habseligkeiten des Afrikaners im Gefängnis verwahrt wurde. Die Polizei beschlagnahmte das Mobiltelefon nicht. Erst zu einem Haftprüfungstermin Ende 2023 legte der Anwalt des Angeklagten es vor. Das Gericht ordnete Nachermittlungen an.
Nach dem Urteil des Rechtsanwalts Eckart Fleischmann, der einen der Angeklagten vertritt, ist das Video zweifelsfrei authentisch. Weshalb das Handy zuvor nicht beschlagnahmt wurde, könne er sich nicht erklären.
Eskalierte ein Sexausflug?
Bisher gingen die Behörden davon aus, daß das georgischstämmige Ehepaar Kokain kaufte, es auf einer Parkbank konsumierte und dann auf einer Wiese im Park intim wurde. Dann sollen fünf Männer der örtlichen Drogenszene das Paar umringt haben, wobei zwei den Ehemann mit Stöcken und Ästen angriffen und 1.200 Euro entwendeten. Im selben Moment sollen mindestens drei Männer die Frau geschlagen und vergewaltigt haben. Die Schreie der Frau alarmierten einen Anwohner, der die Polizei rief.
Das mutmaßliche Opfer soll weiter unter den psychischen Folgen leiden, berichtete der Berliner Opferanwalt Roland Weber gegenüber Welt. Sie sei nach Georgien zurückgekehrt, aber werde für den Prozeß nach Berlin reisen. Ihre Vernehmung wird unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden.
Alle Angeklagten sind vorbestraft
Zwei ihrer drei mutmaßlichen Peiniger äußerten sich bisher nicht zu den Vorwürfen. Der dritte Angeklagte, von dessen Handy die Videoaufnahmen stammen, streitet die Tat ab.
Zwischen den drei afrikanischen Männern sind 14 gefälschte Identitäten und 19 Straftaten bekannt. Zwei von ihnen leben ohne gültigen Aufenthaltsstatus oder festen Wohnsitz in Deutschland. Der Prozeß wird am Dienstag fortgesetzt. (sv)