ORANIENBURG. Hilferuf an die Bundesnetzagentur aus dem brandenburgischen Oranienburg: Die Stadtwerke haben an die Bundesbehörde gemeldet, das Hochspannungsnetz könne nicht genug Strom für die wachsende Stadt zur Verfügung stellen. Der Energiebedarf ist zuletzt durch E-Autos und Wärmepumpen stark gestiegen. Daher müßten solche Projekte auf Eis gelegt werden. Auch die Neuansiedlung von Gewerbe und Industrie wird gestoppt, weil man keine Stromversorgung bereitstellen könne.
Um den Blackout zu vermeiden, plant die Stadt jetzt ein neues Umspannwerk. Doch die Fertigstellung wird Jahre dauern. Erste Konsequenz: Die Stadtwerke Oranienburg nehmen keine Neukunden mehr an. Denn „die Versorgungsmöglichkeiten“ seien „ausgeschöpft“, sagte der Geschäftsführer der Stadtwerke, Peter Grabowsky, der Märkischen Allgemeinen Zeitung.
Ursache: Wärmepumpen und Neubürger
Zum erhöhten Strombedarf hätten laut Bürgermeister Alexander Laesicke (parteilos) unter anderem das starke wirtschaftliche Wachstum, der Zuzug von Neubürgern nach Oranienburg sowie der verstärkte Einbau von Wärmepumpen geführt. Die im Norden des Berliner Speckgürtels gelegene Stadt ist zwischen 2012 und 2022 von 41.621 auf 48.610 Einwohner gewachsen – ein Plus von 16,5 Prozent. Die Stadt ist vor allem durch das Hohenzollernschloß, das KZ Sachsenhausen und die zahlreichen Funde von Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg bekannt.
Schon seit mehr als einem Jahr fordere sein Unternehmen zusätzliche Stromkapazitäten, ergänzte Grabowsky. Der Lieferengpaß wirkt sich bereits jetzt auf Haushalte und Unternehmen in der Oranienburger Kernstadt sowie im Ortsteil Sachsenhausen aus: Um das Stromnetz in Oranienburg stabil zu halten, könnten die Stadtwerke ab sofort keine Neuanmeldungen oder Leistungserhöhungen von Hausanschlüssen mehr genehmigen, heißt es aus dem städtischen Unternehmen.
Das Verbot betreffe darüber den Anschluß von Wärmepumpen und die Ladeinfrastruktur für E-Autos. Außerdem könnten keine neuen Gewerbe- und Industrieflächen an das Netz angeschlossen und mit Strom beliefert werden. Bestehende Verträge seien von den Maßnahmen nicht betroffen.
Stromengpaß sei „sehr ärgerlich“
Das nun ins Auge gefaßte stadteigene Umspannwerk werde nach ersten Schätzungen in rund fünf Jahren fertig sein. Mindestens 35 Millionen Euro plus Bau- und Nebenkosten müssen dafür aufgebracht werden.
Grabowsky: „Wir bedauern diese Entwicklung außerordentlich.“ Sie sei „sehr ärgerlich“. Erst das neue Umspannwerk könne „die Versorgungssicherheit in Oranienburg gewährleisten“. Solange arbeiteten die Stadtwerke mit dem Privatunternehmen E.dis, das das Hochspannugsnetz betreibt „an einer Zwischenlösung, um den Engpaß zu beseitigen“. Wie die aussehen soll, ist unklar.
Stadtverordnete geben Geld frei
Bürgermeister Laesicke versuchte eine Erklärung: „Der Strombedarf unserer wachsenden Stadt hat sich enorm entwickelt, schneller, als es in der Vergangenheit vorausgesehen wurde.“ Hier zeige sich die Herausforderung, „die Infrastruktur genauso schnell auszubauen“. Man arbeite mit Hochdruck daran, „die Stadtentwicklung nicht komplett auszubremsen, sondern ausreichend Leistung zur Verfügung zu stellen, für unsere großen Industrieunternehmen genau wie für private Häuslebauer“.
Für den Neubau des Umspannwerkes stellten die Stadtverordneten am Montag für das laufende Jahr 13,8 Millionen Euro zur Verfügung. (fh)