BERLIN. Die Fraktionsspitze der Union im Bundestag hat sich offenbar dafür entschieden, nicht am Gruppenantrag für die Einleitung eines AfD-Parteiverbots teilzunehmen. Zwar werde die Bundes-AfD vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ im Bereich des Rechtsextremismus geführt, doch gebe es für ein Parteienverbot sehr hohe Anforderungen. Die Fraktionsspitze geht davon aus, daß „die Verfassungsschutzämter nicht über hinreichendes Beweismaterial für ein Verbotsverfahren verfügen“, heißt es in einem internen Papier der Unionsfraktion im Bundestag, das der JUNGEN FREIHEIT vorliegt.
Dem geplanten Verbotsantrag, dem sich auch nur eine einstellige Zahl von Unions-Parlamentariern anschließt, fehle „die erforderliche Tatsachengrundlage in Form einer umfassenden Materialsammlung“. Diese hätten das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie die Landesämter für Verfassungsschutz bisher nicht vorgelegt. Zudem verlange das Bundesverfassungsgericht, das letztendlich über ein Parteienverbot entscheidet, vor der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens eine sogenannte Staatsfreiheit gegenüber der betroffenen Partei.
Sorge um „Gütesiegel“ für die AfD
Konkret heißt das: „Die Begründung eines Verbotsantrages darf nicht auf Beweismaterialien gestützt werden, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist“, heißt es in dem Schreiben. Eine entsprechende Garantie der Bundesregierung sowie der 16 Landesregierungen gebe es derzeit nicht. Es liege an diesen, „einen überzeugenden Beweisantrag zu erarbeiten“.
Die Verantwortlichen des Schreibens weisen zudem darauf hin, daß ein Parteienverbotsverfahren mehrere Jahre dauert – bei der NPD waren es vier. Die AfD könnte sich demnach im kommenden Bundestagswahlkampf „als vermeintliche ‚Märtyrer‘ inszenieren“. Sollte ein Verbotsantrag scheitern, hätte die AfD „ein verfassungsgerichtliches ‚Gütesiegel‘, eine verfassungsgemäße Partei zu sein“. Das sei ein Risiko, das die Unionsfraktion nicht tragen wolle. (st)