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Auch wenn neue Beweise vorliegen: Verfassungsgericht verbietet Wiederaufnahme von Strafverfahren

Auch wenn neue Beweise vorliegen: Verfassungsgericht verbietet Wiederaufnahme von Strafverfahren

Auch wenn neue Beweise vorliegen: Verfassungsgericht verbietet Wiederaufnahme von Strafverfahren

Die Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts bei einer Urteilsverkündung: Das Gesetz „Frei­spruch unter Vor­be­halt“ ist ver­fas­sungs­widrig
Die Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts bei einer Urteilsverkündung: Das Gesetz „Frei­spruch unter Vor­be­halt“ ist ver­fas­sungs­widrig
Die Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts bei einer Urteilsverkündung: § 362 Nr. 5 StPO ist ver­fas­sungs­widrig Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick
Auch wenn neue Beweise vorliegen
 

Verfassungsgericht verbietet Wiederaufnahme von Strafverfahren

Das Bundesverfassungsgericht setzt der Wiederaufnahme von Strafverfahren enge Grenzen. Das Vorliegen von neuen Beweisen rechtfertigt laut einem aktuellen Urteil keine Neuverhandlung – wenn der Fall bereits rechtskräftig abgeschlossen wurde.
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KARLSRUHE. Die Wiederaufnahme von abgeschlossenen Strafverfahren auch mit neuen Beweisen ist verfassungswidrig. Damit kippte das Bundesverfassungsgericht eine Reform der Strafprozeßordnung aus dem Jahr 2021, die dies ermöglicht hatte. Die Richter gaben damit der Beschwerde eines mutmaßlichen Mörders statt, der 40 Jahre nach einem Freispruch erneut wieder wegen Mordes angeklagt worden war. Das Verfahren muß nun eingestellt werden.

Im Jahr 1983 wurde der mittlerweile über 60jährige Ismet H. von dem Vorwurf freigesprochen, die damals 17jährige Frederike von Möhlmann vergewaltigt und getötet zu haben. Aufgrund neuer Beweismittel wurde das Verfahren 2021 allerdings wieder aufgenommen. Zuvor hatte die damalige Große Koalition unter Angela Merkel mit der neu eingeführten Vorschrift dafür die rechtliche Grundlage geschaffen.

Dort heißt es: „Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten des Angeklagten ist zulässig, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die allein oder in Verbindung mit früher erhobenen Beweisen dringende Gründe dafür bilden, dass der freigesprochene Angeklagte wegen Mordes, Völkermordes, des Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechens gegen eine Person verurteilt wird.“

Verfassungsrechtliche Bedenken bereits vor Inkrafttreten

Bereits vor Inkrafttreten der neuen Vorschrift hatten Verfassungsjuristen, Strafrechtler, Anwaltsverbände, das Bundesjustizministerium und der Bundespräsident verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Die neue Regelung würde gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ („nicht zweimal in derselben Sache“) in Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz verstoßen. Demnach ist eine doppelte Bestrafung in der gleichen Sache sowie die erneute Strafverfolgung in gleicher Sache nicht zulässig

Die Richter in Karlsruhe folgen derselben Argumentation. Das Grundgesetz verbiete „dem Gesetzgeber die Regelung der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens zum Nachteil des Grundrechtsträgers aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel“.

Zudem verletze „die Anwendung des Paragraph 362 Nr. 5 Strafprozeßordnung auf Verfahren, die bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung durch rechtskräftigen Freispruch abgeschlossen waren, das Rückwirkungsverbot“. Demnach dürfen neue Gesetze, Richtlinien und Vorschriften nicht auf Handlungen in der Vergangenheit angewandt werden. (sv)

Die Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts bei einer Urteilsverkündung: § 362 Nr. 5 StPO ist ver­fas­sungs­widrig Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick
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