HANNOVER. Der Vorsitzende des Rates der deutschen Rechtschreibung, Josef Lange, hat kritisiert, daß Schüler in Niedersachsen in Prüfungen gendern dürfen. „Ich sehe es mit Sorge, wenn einzelne Länder in der Bundesrepublik von der einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum abweichen“, sagte er dem Göttinger Tageblatt. Sprache müsse verständlich, lesbar und übersetzbar sein, forderte Lange.
Die deutsche Rechtschreibung habe keine Sonderzeichen wie Doppelpunkt, Sternchen oder Unterstrich innerhalb eines Wortes. Die neue Sprache führe zu „nicht unerheblichen grammatischen Problemen, weil Sätze dadurch entweder nicht korrekt sind oder hoch kompliziert werden“, betonte Lange. Niedersachsen hebt sich von anderen Bundesländern wie Sachsen und Sachsen-Anhalt ab, indem es Gendersprache in Schulaufgaben nicht als Fehler wertet. „Wir geben den Schülerinnen und Schülern einen großen Freiraum“, begründete ein Sprecher des Kultusministeriums das Vorgehen der Landesregierung.
Nach Recherchen der Funke Mediengruppe verfolgen die Schulen im viertgrößten Bundesland keine einheitliche Linie beim Thema Gendern in der Schule. Manche Bildungseinrichtungen überließen die Handhabung den einzelnen Lehrern, andere werteten Gendersprache grundsätzlich als Fehler.
Der Rechtschreibrat bekräftigt seine vorherige Entscheidung
Hintergrund: Mitte Juli dieses Jahres hatte der Rat für deutsche Rechtschreibung entschieden, daß die linke Gendersprache mit Binnen-I und Stern-Phantasiezeichen auch weiterhin kein Teil der offiziellen Rechtschreibung ist.
Zudem stellte der Rat ausdrücklich klar, daß derartige Schreibweisen nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie gehören und zahlreiche grammatikalische Probleme mit sich brächten und konkretisierte damit einen entsprechenden Beschluß aus dem Jahr 2021.
Der Rat, der sich aus Sprachwissenschaftlern aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Südtirol und dem belgischen Eupen zusammensetzt, war zuvor von der Politik aufgefordert worden, sich erneut mit der Frage zu beschäftigen. Eine Erlaubnis für das Gender-Sprech hätte weitgehende Folgen für Behörden und Schulen gehabt, da seine Empfehlungen als verbindlich gelten. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa vom Juli dieses Jahres, lehnen etwa 73 Prozent der Bundesbürger das Gendern prinzipiell ab. (st/ho)