BERLIN. Die Pressesprecherin des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny, Kira Jarmysch, hat sich zuversichtlich mit Blick auf zukünftige Proteste in Rußland gezeigt. „Die Zahl der Menschen, die mit dem Regime und Putin unzufrieden sind, wächst jeden Tag weiter. Der russische Präsident Wladimir Putin unternimmt große Anstrengungen, damit die Menschen die Chancen auf Veränderungen im Land schlechter einschätzen. Ich aber setze große Hoffnungen auf Veränderungen und habe keinen Zweifel daran, daß diese früher oder später kommen werden“, sagte die Schriftstellerin am Sonntag im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT.
Die Publizistin hatte sich anläßlich von Nawalnys 47. Geburtstags zu einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin eingefunden. „Es ist eine Illusion, daß die Opposition aus Rußland weg ist“, betonte Jarmysch. Eine große Zahl von Menschen sei auch nach Kriegsbeginn in Rußland geblieben. „Sie sind nirgendwo hingegangen und haben jetzt leider keine Möglichkeit mehr, ihre Meinung offen kundzutun.“ Deshalb seien sie gezwungen, zu schweigen.
Nawalny wendet sich an die Öffentlichkeit
In den sozialen Medien dankte sie Nawalny für seine Arbeit in der Opposition. „Vielen Dank, Alexei, daß du allen gezeigt hast, daß Politik kein ‘schmutziges Geschäft’ ist, für das man sich schämen muß, sondern daß man hartnäckig und mutig sein muß, für die Wahrheit kämpfen und seinen Überzeugungen treu bleiben muß, egal was passiert“, äußerte sie am Sonntag auf Instagram.
Nawalny selbst hatte sich aus seinem Gefängnis an seinem Geburtstag mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Als er an diesem Morgen aufgewacht sei, habe er das Gefängnis auf die Liste der Orte gesetzt, an denen er schon einmal Geburstatag gefeiert habe, witzelte der Oppositionelle in seinem Schreiben.
„Den größten Dank und den größten Gruß möchte ich heute an alle politischen Gefangenen in Rußland, Weißrußland und anderen Ländern richten. Die meisten von ihnen haben es viel schwerer als ich“, unterstrich er in seinem auf der russischen Nachrichtenplattform Meduza verbreiteten Grußwort. Er denke wie immerzu an die Unverwüstlichkeit der politischen Gefangenen, die ihn Tag für Tag inspiriere.
Unauffällige Solidaritätsbekundungen in Rußland
In über 120 Städten weltweit – darunter Genf, Paris und Helsinki – hatten sich am Sonntag laut Meduza Unterstützer des oppositionellen Politikers versammelt, um seinen Geburtstag in einem symbolischen Akt zu feiern. Auch in Rußland selbst drückten Menschen ihre Sympathien in kleinen Gesten wie Graffitis, Flugblättern oder Plakataktionen aus. Im zentralrussischen Jekaterinburg beispielsweise wurden Flyer mit der Aufschrift „Freiheit für Nawalny“ auf Sitzbänken verteilt.
Der Oppositionspolitiker sitzt nach einem gescheiterten Giftanschlag auf ihn seit Februar 2021 in russischer Lagerhaft. Im Vorfeld seiner Inhaftierung wurden Korruptionsvorwürfe gegen ihn laut. Gleichzeitig hatte er seinerzeit über Bereicherung im Umfeld des russischen Präsidenten Putin recherchiert. (fw)