Es ist ein Kreuz mit den Statistiken. Hauptsächlich, weil es bei vielen Fragen, die man sich über die Gesellschaft so stellt, verblüffend wenig Daten gibt. Zumindest wenige, die mal wirklich ein paar Zusammenhänge aufdröseln oder auch entkräften würden. Bei nicht wenigen Themen geht es also auch immer um ein „möglicherweise“, „könnte“ und „sollte“.
Da liegt es nahe, daß der Interpretationsspielraum gerne in alle Richtungen ausgewalzt wird. Wie es sich die Bundesregierung erkläre, erkundigte sich nun etwa die Bundestagsfraktion der AfD in einer Anfrage, daß Menschen ohne deutschen Paß bei Gruppenvergewaltigungen derart stark überrepräsentiert seien.
Zur Erinnerung: 2022 gab es in Deutschland im Schnitt mehr als zwei Gruppenvergewaltigungen pro Tag – insgesamt 789 Fälle. Etwa 50 Prozent der Täter hatten dabei eine ausländische Staatsangehörigkeit. Wie in so ziemlich jedem Jahr seit 2015. Am niedrigsten war dieser Wert noch 2020, als bei „lediglich“ 46 Prozent der Täter kein Bundesadler auf dem Ausweis prangte.
Das dunkle Dunkelfeld
In den vergangenen Jahren betrug der Anteil ausländischer Staatsbürger in Deutschland allerdings gerade einmal um die 13 Prozent. Das ist schon eine sehr deutliche Diskrepanz. Eine, die nicht damit gleichgesetzt werden dürfe, daß die Herkunft die Tat begründe, schrieb das Bundeskriminalamt bereits 2019 und präsentierte einige Erklärungsversuche. Erklärungen, die auch die Bundesregierung auf Anfrage nun zitierte.
So sei es beispielsweise möglich, daß ausländische Staatsbürger einfach deshalb statistisch überrepräsentiert seien, weil sie „wesentlich wahrscheinlicher angezeigt“ würden. Wie bei allen Sexualstraftaten sei von einem hohen Dunkelfeld auszugehen. Möglich ist dies wohl, beweisen oder überhaupt nachprüfen läßt es sich allerdings schlecht. Eine Dunkelziffer besteht nun einmal daraus, daß man über sie nichts weiß.
Gruppenvergewaltigungen wegen Armut und Alter?
Ebenfalls sei zu bedenken, daß es unter Nichtdeutschen wesentlich mehr Heranwachsende gebe, männliche insbesondere, und diese Bevölkerungsgruppe generell dazu neige, häufiger Sexualstraftaten zu begehen. Tatsächlich lebten nach Daten des Statistischen Bundesamts im Dezember 2022 jedoch neun Millionen Jungen im Alter von sechs bis 27 Jahren in Deutschland, die über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen. Jungs in der gleichen Altersgruppe und mit ausländischer Staatsbürgerschaft? Laut Statistik waren es gerade einmal eine Million.
Auch Armut, auf die die Bundesregierung in ihrer Antwort verwies, erklärt die statistische Überrepräsentanz nicht ausreichend. Zwar haben Menschen ohne deutschen Paß in der Tat ein erhöhtes Armutsrisiko – doch von allen Bewohnern Deutschlands, die unter der Armutsgrenze leben, haben gerade einmal 28,9 Prozent keinen deutschen Paß. Das ist von 50 Prozent doch noch weit entfernt.