HAMBURG. FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki geht davon aus, daß die FDP-Mitglieder über einen Mitgliederentscheid zum Austritt aus der Ampel-Koalition abstimmen werden. Die dafür benötigte Mindestzahl von 500 Unterschriften sei erreicht, sagte er in einem Interview mit der Zeit. Hintergrund ist ein offener Brief an den Bundesvorstand, der Ende Oktober von 26 Mitgliedern initiiert worden war und für einen Austritt aus der Bundesregierung plädiert. Zu den Erstunterzeichnern gehört unter anderem die FDP-Landtagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern, Sandy van Baal.
Der Bundestagsvizepräsident kritisierte den Brandbrief im Gespräch als einen „Ausdruck der Schwäche“. Man wolle sich aus der Verantwortung stehlen und dafür sorgen, daß die FDP als eine „gescheiterte Regierungspartei“ in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen werde. „Wer sich schwach macht, wird auch schwach gewählt“, warnte er.
Kubicki: „Die FDP überläßt das Feld oft ohne Widerspruch“
Auch die Erstunterzeichner kamen im Gespräch mit der Zeitung zu Wort. Carina Smolik-Fischer betonte beispielsweise, die Partei habe in ihrer Heimatgemeinde in Schleswig-Holstein ein gutes Ergebnis erzielt, weil sie bewußt einen „Anti-Ampel-Wahlkampf“ gemacht habe. „Wenn wir jetzt sagen, wir haben mit zwei sehr linken Parteien versucht, eine Koalition zu gründen, aber es ist schiefgegangen, beweisen wir Rückgrat“, sagte sie und plädierte für den Bruch mit der Ampel. Ein weiterer Initiator, Axel Kamann, beklagte eine schlechte Stimmung an der Basis: „Wir müssen immer die Scherben wegräumen.“
Mit den Grünen sei kein Staat zu machen, unterstrich Smolik-Fischer. Diese Kritik nahm Kubicki zur Kenntnis: „Gerade in den Bereichen Wirtschaft und Außenpolitik überlassen wir den Grünen das Feld zu oft ohne Widerspruch. Das ist ein großer Fehler.“ Die Partei von Ricarda Lang trage es viel besser nach außen, daß sie Streit in der Sache wolle. Zugleich verteidigte der Parteivize die Beteiligung der FDP an der Bundesregierung. Beispielsweise habe sich beim Bund-Länder-Gipfel zur Asylkrise gezeigt, daß sich „integrationspolitische Vernunft mittlerweile zumindest bei den Sozialdemokraten durchzusetzen“ scheine. (kuk)