BERLIN. Die Publizistin Alice Schwarzer hat Kritik an ihrem offenen Brief gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine zurückgewiesen. „Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich ernsthaft von der Gefahr eines neuen Weltkriegs überzeugt“, sagte sie am Sonntag der BILD-Zeitung.
Zwar müsse Deutschland der Ukraine bei der Selbstverteidigung helfen, es gehe dabei jedoch „um die sehr schwierige Grenzziehung zwischen Unterstützung zur Verteidigung und Lieferung von Waffen, die von Herrn Putin als Angriffswaffen verstanden werden können“, betonte Schwarzer. Jeder müsse sich fragen, ob die Lieferung von Angriffswaffen von Rußland als Kriegsbeteiligung verstanden werden könne.
Petition erreicht 150.000 Unterschriften
Schwarzer und andere Prominente, wie etwa die Schriftsteller Martin Walser und Juli Zeh, hatten Ende vergangener Woche an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appelliert „weder direkt noch indirekt, weitere schwere Waffen an die Ukraine“ zu liefern. Eine gleichlautende Petition hatte am Montag mittag rund 150.000 Unterschriften.
Harsche Kritik an dem Schreiben hatten unter anderem die Grünen geäußert. Die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Britta Haßelmann, sagte der Stuttgarter Zeitung, ein von Schwarzer geforderter „Kompromiß“ mit Rußland sei unrealistisch: „Wo sollen ‘Kompromisse’ sein, wenn Putin völkerrechtswidrig ein freies europäisches Land überfällt, Städte dem Erdboden gleichgemacht, Zivilisten ermordet werden und Vergewaltigung systematisch als Waffe gegen Frauen eingesetzt wird?“
Kritik von Grünen – Lob von der AfD
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, warf der Schwarzer vor, „Massenvergewaltigungen von ukrainischen Frauen“ in Kauf zu nehmen. Er rief zudem zum Boykott der von Schwarzer herausgegebenen Zeitschrift Emma auf.
Hi Alice Schwarzer, Ihr Aufruf zur Kapitulation der Ukraine bedeutet, dass Ihr gefeierter Feminismus nur eine Fassade, ein Fake ist. Massenvergewaltigung von 🇺🇦Frauen durch 🇷🇺Soldaten in Kauf zu nehmen, ist Zynismus pur. Keiner mit gesundem Verstand soll Ihre schäbige EMMA kaufen pic.twitter.com/rgghruGfzD
— Andrij Melnyk (@MelnykAndrij) April 30, 2022
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker schrieb auf Twitter, es sei Bestandteil „feministischer Außenpolitik“, mit der Lieferung schwerer Waffen „Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen“.
Auch das ist feministische Außenpolitik: Schwere Waffenlieferungen, um Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen. Dass ausgerechnet die Feministin Alice Schwarzer Frauen scheinbar lieber der Gewalt aussetzt, entsetzt. #Ukraine #AliceSchwarzer
— Kai Whittaker (@Kai_Whittaker) May 2, 2022
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte, es sei „hilfreich“, wenn sich Intellektuelle nicht in die Arbeit von Politkern einmischen würden. Unterstützung bekam Schwarzer dagegen von der AfD. Der stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende Stephan Brandner schrieb: „Diese Promis sind – jedenfalls was Waffenlieferungen betrifft – auf AfD-Kurs!“
Diese Promis sind – jedenfalls was Waffenlieferungen betrifft – auf #AfD-Kurs!👍 https://t.co/UudbWuuOAp
— 🇩🇪 Stephan Brandner 🇩🇪 (@StBrandner) May 2, 2022
(ho)