BERLIN. Der ehemalige DDR-Ministerpräsident Hans Modrow (Linke) hat seiner Partei ein Übergewicht westdeutscher Politiker bescheinigt. „Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, daß auch die Partei wie seinerzeit das östliche Land inzwischen in westdeutscher Hand ist. Ihre Vertreter und Verbündeten geben den Ton an“, betonte er in einem Brief an die Linkspartei-Vorsitzenden Janine Wissler und Susanne Henning-Wellsow, den die Junge Welt am Dienstag veröffentlichte.
Die Partei müsse sich wieder darauf besinnen, was ihre Tradition und was ihre Wurzeln seien, wenn sie künftige Wahlen gewinnen wolle. „Wenn die Partei sich in nicht im Klaren ist, wofür sie steht und was ihr Zweck ist, dann wissen das auch nicht die Wähler. Warum sollen sie ihre Stimme einer Partei geben, deren vordringlichstes Interesse darin zu bestehen scheint, mit SPD und Grünen eine Regierung bilden zu wollen“, unterstrich das langjährige Mitglied im Zentralkomitee der SED.
„Der Parteitag in Erfurt ist die letzte Chance“
Er forderte seine Partei nach dem „desaströsen“ Abschneiden bei der vergangenen Bundestagswahl aber auch zu einer personellen Erneuerung auf. „Zu den demokratischen Spielregeln gehört es, daß nach einer krachenden Niederlage alles auf den Prüfstand gestellt werden muß. Die kritische Selbstbefragung schießt Personalien zwingend mit ein. Denn wenn alle Verantwortlichen im Amt bleiben, bleibt auch sonst alles beim Alten“, konstatierte der 93jährige.
Ein einfaches Linken-Mitglied trage weniger Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis als beispielsweise der Bundesgeschäftsführer der Partei. „Deshalb denke ich, daß ein Neustart nicht ohne personelle Konsequenzen erfolgen kann. Der Parteitag im Sommer in Erfurt ist nach meiner Überzeugung dafür die letzte Chance, es wird keine weitere geben“, warnte er.
Ehemaliger Linken-Vorsitzender fordert Urwahl der Parteiführung
Seit der Bundestagswahl im September streitet die Linkspartei um die richtigen Schlüsse aus dem schlechten Ergebnis. Zuletzt forderte der ehemalige Vorsitzende der Linkspartei Klaus Ernst in einem Tweet die Neuwahl der Linken-Führung durch die Parteibasis nach dem Vorbild der CDU.
Susanne Hennig-Wellsow will die Partei befrieden. (Zeit) Das ist gut!
Vorschläge dazu.
1. selbst aufgestellte Benzinkanister von der Brandstelle entfernen,
2. aufhören, Fehler nur bei anderen zu suchen,
3. schnelle Neuwahlen der Parteiführung nach Mitgliedervotum wie bei der CDU.— Klaus Ernst (@ernst_klaus) January 16, 2022
Die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Linkspartei) reagierte empört auf den Vorschlag. „Du solltest diesen Tweet besser löschen“, antwortete sie ihm ebenfalls auf Twitter. Auch die Linken-Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring widersprach Ernst. „Du könntest ja schonmal deine Zündhölzer abgeben“, kommentierte sie seine Einlassungen. Im Juni soll der Linken-Bundesparteitag in Erfurt stattfinden. (fw)