Der frühere AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen will die katholisch geprägte Deutsche Zentrumspartei (DZP) wiederbeleben und für die Kleinpartei 2024 in das Europäische Parlament einziehen. Zugleich versicherte er, das Zentrum werde „definitiv nicht zu einem Sammelbecken ehemaliger AfD-Mitglieder“.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Parteivorsitzenden Christian Otte zeigte sich Meuthen optimistisch, da es im Parteiensystem eine „Repräsentationslücke“ gebe. Als Beleg diente ihm die geringe Wahlbeteiligung von 55,5 Prozent bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai. Da habe sich das hohe Maß der Unzufriedenheit gezeigt. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 9. Oktober werde das Zentrum ein „erstes Ausrufezeichen“ setzen.
Mit dem „prominenten Neumitglied“ erhoffe man sich mehr Aufmerksamkeit, betonte Otte. Derzeit würden die nötigen 2.000 Unterstützungsunterschriften gesammelt. Zu Jahresbeginn hatte bereits der Bundestagsabgeordnete Uwe Witt die AfD verlassen und war dem Zentrum beigetreten.
Die Blütezeit der 1870 gegründeten Partei mit katholischen Wurzeln liegt lange zurück. Bedeutend war sie im Kaiserreich und während der Weimarer Republik. Zwischen 1917 und 1932 stellte das Zentrum viermal den Reichskanzler. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb ihr der Erfolg versagt, denn die CDU unter Bundeskanzler Konrad Adenauer, vor der NS-Zeit selbst Zentrumsmitglied, wurde rasch zur führenden konfessionellen Partei.
Meuthen: „Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben“
Aktuell scheint Meuthen die Union als politischen Konkurrenten nicht allzu sehr zu fürchten. Deren Anbiederung an die Grünen und den Zeitgeist lasse Raum für das Zentrum, das als Partei der Mitte für den „vernachlässigten Teil des Bürgertums“ attraktiv sei, wie Otte ergänzte.
Auf ihn warte jetzt viel Arbeit, räumte Meuthen ein, denn die Partei ist nahezu unbekannt, verfügt nur in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen über wenige kommunale Mandate. Die Zahl der Parteimitglieder wurde von Schatzmeister Hans-Joachim Woitzik mit mittlerweile 500 angegeben, Tendenz steigend.
AfD sei „Auslaufmodell“
Im vergangenen Jahr hatte der Bundeswahlausschuß dem Zentrum die Zulassung zur Bundestagswahl versagt, weil es wegen unvollständiger und fehlender Rechenschaftsberichte die Rechtsstellung als Partei verloren habe. Eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht blieb erfolglos. „Das passiert uns kein zweites Mal“, versicherte Meuthen auf Frage der JUNGEN FREIHEIT. „Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben.“
Die AfD, deren Vorsitzender er sechseinhalb Jahre war, sieht er inzwischen als „Auslaufmodell“. Daran werde auch „das große Kino in Riesa“ nichts ändern, meinte er in Anspielung auf den am nächsten Wochenende in der sächsischen Stadt stattfindenden Parteitag. Seinen Austritt Ende Januar empfinde er als „Befreiung“, in seiner neuen Partei fühle er, „das paßt“.
Als „echte Ente“ bezeichnete der 60jährige Berichte, er habe nach seinem Parteiaustritt mit der Rückkehr auf seinen volkswirtschaftlichen Lehrstuhl an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Kehl geliebäugelt. Er spüre vielmehr „großen Tatendrang“ in seiner neuen Partei.