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„Heimkehr der Zehntausend“: Moskau 1955: Adenauers größter Erfolg

„Heimkehr der Zehntausend“: Moskau 1955: Adenauers größter Erfolg

„Heimkehr der Zehntausend“: Moskau 1955: Adenauers größter Erfolg

Bundeskanzler Konrad Adenauer (m.) mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Bulganin (l.) und dem Parteichef der KPdSU, Nikita Chrustschow (r.), beim Staatsbesuch 1955 Foto: (c) dpa - Report
Bundeskanzler Konrad Adenauer (m.) mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Bulganin (l.) und dem Parteichef der KPdSU, Nikita Chrustschow (r.), beim Staatsbesuch 1955 Foto: (c) dpa - Report
Bundeskanzler Konrad Adenauer (m.) mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Bulganin (l.) und dem Parteichef der KPdSU, Nikita Chrustschow (r.), beim Staatsbesuch 1955 Foto: (c) dpa – Report
„Heimkehr der Zehntausend“
 

Moskau 1955: Adenauers größter Erfolg

Die Rückkehr der letzten zehntausend deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion wird oft als größter Erfolg von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) genannt. Der damit verbundene Staatsbesuch in Moskau im September 1955 lieferte manche Anekdote.
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Die Szene am 14. September 1955 auf dem Köln-Bonner Flughafen sollte die Wahrnehmung von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) in der deutschen Öffentlichkeit prägen. Er war gerade vom Staatsbesuch in Moskau zurückgekehrt und konnte die baldige Rückkehr der letzten zehntausend deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion verkünden. Da näherte sich ihm eine schwarz gekleidete ältere Dame, küßte dem Kanzler die Hand und verbeugte sich. Eine Soldatenmutter dankte Adenauer.

Eine Soldatenmutter dankt Bundeskanzler Konrad Adenauer für seinen Einsatz für die deutschen Kriegsgefangenen nach dessen Rückkehr aus Moskau Foto: (c) dpa - Report
Eine Soldatenmutter dankt Bundeskanzler Konrad Adenauer für seinen Einsatz für die deutschen Kriegsgefangenen nach dessen Rückkehr aus Moskau Foto: (c) dpa – Report

Die „Heimkehr der Zehntausend“ im Gegenzug zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem ehemaligen Kriegsgegner war das Ergebnis der Moskaureise. Das Vorhaben Adenauers, eine Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands zur Sprache zu bringen, spielte letztlich keine Rolle.

Im Rückblick war dieser Staatsbesuch nicht das große Pokerspiel um das Schicksal der gefangenen Landser, wie es zunächst kolportiert wurde. Denn die Sowjets hatten zehn Jahre nach Kriegsende ohnehin vor, sie freizulassen. Die Frage war letztlich nur, zu welchem Preis das geschehen sollte. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der jungen Bundesrepublik schien der Sowjetführung um Nikita Chrustschow und Nikolai Bulganin akzeptabel.

Adenauer erwähnt Verbrechen der Roten Armee

Die Reise der deutschen Delegation vom 8. bis 14. September lieferte dennoch einige anrührende Anekdoten aber auch Anlaß zum Schmunzeln. So erinnerte sich der damals noch in russischer Gefangenschaft ausharrende Werner Minkenberg gegenüber ZDF History an die Radioübertragung, als der Kanzler in Moskau ankam. Als zu Ehren der deutschen Gäste deren Hymne gespielt wurde, berührte das die Gefangen zutiefst. „Wir guckten uns kurz an, eiskalt ist es uns den Buckel runtergelaufen. Ich hatte Gänsehaut von oben bis unten.“ Nachdem sie sich alle erhoben hatten, ließen viele ihren Gefühlen freien Lauf und weinten.

Zwischen den Delegationen herrschte zunächst Eiszeit. Unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs und des angelaufenen Kalten Krieges begegnete man sich mißtrauisch. Zu einem Eklat kam es schon früh, als Adenauer Chrustschow entgegnete, daß nicht nur deutsche Truppen im Weltkrieg Kriegsverbrechen begangen hätten. Er erinnerte auch an die Gräueltaten beim Einmarsch der Roten Armee. Die Verhandlungen standen zeitweilig kurz vor dem Abbruch.

Gelöster wurde die Atmosphäre jedoch bei informelleren Treffen unter Zuhilfenahme des Wodkas. Das deutsche Delegationsmitglied Hans Ulrich Kempski schilderte später, wie sie sich mittels Speiseöl auf die hochprozentigen Abendgesellschaften vorbereiteten. So habe der Chef des Bundeskanzleramts Hans Globke ihnen eigenhändig diese besondere Form der Ölung verabreicht, damit sie am Glas mit ihren Gastgebern mithalten konnten. Insbesondere die Trinkfestigkeit des hageren 79jährigen Adenauers habe die Russen beeindruckt.

Adenauer und Bulganin reichen sich die Hände

Schließich verständigten sich die Sowjets und die Deutschen auf die Freilassung der letzten Gefangenen. Öffentlichkeitswirksam inszenierten Adenauer und Bulganin die erzielte Einigung im Moskauer Bolschoi-Theater. In der Zarenloge wohnten beide der Aufführung von „Romeo und Julia“ bei. Nachdem sich die Väter der beiden Hauptfiguren am Ende des Stücks über den Leichen der unglücklich Verliebten versöhnten, reichten sich auch die beiden Politiker unter dem Jubel des Publikums die Hände.

Adenauer und die deutsche Delegation in der Loge des Bolschoi-Theaters Foto: picture-alliance / akg-images
Adenauer (3.v.l) mit Bulganin (4.v.l.) und Chrustschow (3.v.r.) in der Loge des Bolschoi-Theaters Foto: picture-alliance / akg-images

Mit diesem Erfolg im Gepäck war dem Kanzler bei seiner Rückkehr die Dankbarkeit der Deutschen sicher. Der erste Gratulant war Bundestagspräsident Eugen Gesternmaier (CDU): „Herr Bundeskanzler, ich bin sicher, im Namen des ganzen deutschen Volkes zu sprechen, wenn ich Ihnen als Präsident des Deutschen Bundestages den herzlichen Glückwunsch und den Dank des deutschen Volkes dafür ausspreche, daß Sie die Kriegsgefangenenfrage im Osten glücklich gelöst haben. Wir danken Ihnen!“

Auch wenn die Freilassung von den Sowjets längst beschlossen war, so ist sie ein Beispiel dafür, wie Adenauer als erster Kanzler der Bundesrepublik damit beschäftigt war, Folgen der Kriegsniederlage abzuarbeiten. Dazu gehörten auch die Westintegration der Bundesrepublik und die Aussöhnung mit Israel. Umfragen zeigten jedoch, daß die „Heimkehr der Zehntausend“ von seinen Zeitgenossen als die größte Leistung des Kanzlers bewertet wurde.

Bundeskanzler Konrad Adenauer (m.) mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Bulganin (l.) und dem Parteichef der KPdSU, Nikita Chrustschow (r.), beim Staatsbesuch 1955 Foto: (c) dpa – Report
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