BERLIN. CDU-Chef Friedrich Merz hat sich für Äußerungen über „Sozialtouristen“ aus der Ukraine entschuldigt. „Ich bedaure die Verwendung des Wortes ‚Sozialtourismus‘. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.“
Sein Hinweis habe ausschließlich der „mangelnden Registrierung“ von Asylsuchenden gegolten. „Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren“, betonte Merz. Sollte seine Wortwahl „als verletzend“ empfunden werden, „dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung“.
Zu meinen Äußerungen von gestern über die Flüchtlinge aus der Ukraine gibt es viel Kritik. Ich bedaure die Verwendung des Wortes „Sozialtourismus“. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems. (1/3) (FM)
— Friedrich Merz (@_FriedrichMerz) September 27, 2022
SPD, Grüne und FDP wüten gegen Merz
Der CDU-Chef hatte wenige Stunden zuvor am Montag abend gegenüber „Bild TV“ zu den bereits laut Wochen kursierenden Gerüchten um Sozialbetrug von Personen aus der Ukraine gesagt: „Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge – nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine“, sagte Merz dem Sender „Bild TV“.
Wird unsere Hilfsbereitschaft missbraucht?
„Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge“, warnt @_FriedrichMerz und verweist auf Ukrainer, die angeblich munter zwischen Deutschland und der Ukraine hin- und herreisen.
Talk ab 22:15 Uhr bei BILD TV! pic.twitter.com/U9YZk7q4cj
— BILD (@BILD) September 26, 2022
Daraufhin war ein Sturm der Empörung, insbesondere von SPD und Grünen, über den Politiker hereingebrochen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warf Merz vor, „Stimmungsmache auf dem Rücken ukrainischer Frauen und Kinder, die vor Putins Bomben und Panzern geflohen sind“ zu betreiben.
Stimmungsmache auf dem Rücken ukrainischer Frauen und Kinder, die vor Putins Bomben und Panzern geflohen sind, ist schäbig. „Sozialtourismus“ war 2013 das Unwort des Jahres – und ist auch 2022 jedes Demokraten unwürdig.
— Nancy Faeser (@NancyFaeser) September 27, 2022
Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang fragte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich #Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von ‚Sozialtourismus‘ spricht?“
AfD: CDU hat Asylprobleme selbst geschaffen
Auch die FDP zeigte sich entsetzt über die Äußerungen. „Wer mit betroffenem Gesicht und gesalbten Worten nach Kiew fährt und zuhause gleichzeitig von ukrainischem Asyltourismus spricht, nur, um kurz vor einer Landtagswahl am Rand noch ein paar Stimmen abzugreifen, ist vieles, aber weder glaubwürdig noch fähig zu führen“, kritisierte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Dagegen hielt die AfD der Union vor, für die derzeitigen Asylprobleme mitverantwortlich zu sein. „Stünden die Grenzen nicht seit 2015 dank CDU sperrangelweit offen, hätten wir das Problem nicht“, schrieb Parteichefin Alice Weidel auf Twitter.
#Merz bemängelt einen Sozialtourismus aus der #Ukraine nach #Deutschland: Stünden die Grenzen nicht seit 2015 dank #CDU sperrangelweit offen, hätten wir das Problem nicht. #Heuchler #UnserLandZuerst #AfD
— Alice Weidel (@Alice_Weidel) September 27, 2022
(ho)