BERLIN. Ein Verbot zur Meldung von Übergriffen in Berlin an Opferverbände ist bei Datenschützern und Politikern auf scharfe Kritik gestoßen. „Probleme mit Homophobie, Antisemitismus und Haßgewalt löst man nicht, indem man sie verschweigt. Es kann nicht sein, daß Opfer- und Rechercheverbände in ihrer wertvollen Arbeit aus Datenschutzgründen behindert werden“, bemängelten Sprecherin für den Kampf gegen Antisemitismus Cornelia Seibeld, und der queerpolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, Stefan Evers, in einer gemeinsamen Erklärung.
„Das konterkariert unsere gesamte Arbeit“, kritisierte Vorsitzende des Vereins Maneo, Bastian Finke. Der Verein setzt sich gegen schwulenfeindliche Gewalt ein. Das mühsam aufgebaute Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden werde beschädigt. Die Lage beende eine bewährte Kooperation zur Stärkung der Gewaltpräventionsarbeit in Berlin.
„Wir konnten mit der Polizei reden, wo man genau hinschauen muß“, beklagte er. So seien zielgerichtete Präventionsmaßnahmen möglich gewesen.
Rias: Juden melden Vorfälle ohnehin selten
Der Geschäftsführer der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, Benjamin Steinitz, monierte, Juden erstatteten ohnehin kaum Anzeige bei antisemitischen Vorfällen, weil ihnen das Vertrauen in die Strafverfolgung fehle. Umfassende Lagebilder seien zudem immer wichtig gewesen, um die Bedrohungssituation in Berlin einzuschätzen.
Bislang hatten Opferverbände wie Maneo und Rias die Daten der Polizei mit den Übergriffen abgeglichen, die ihren Stellen gemeldet wurden, um bei Berichten über das Lagebild Doppelzählungen zu vermeiden.
Polizei fürchtet Rückschlüsse auf Identität der Beteiligten
Hintergrund der Debatte ist eine Entscheidung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft, wie die Berliner Zeitung berichtete. Der dortige Datenschutzbeauftragte hatte Ermittlern die Weitergabe anonymisierter Daten zu Straftaten wie Übergriffe auf Juden und Homosexuelle an private Vereine untersagt. Dies begründete er mit einer fehlenden rechtlichen Grundlage für einen solchen Vorgang.
Zudem gab er in einem Schreiben zu Bedenken, daß auch das Alter der Betroffenen, der Tatort und sogar der Tathergang personenbezogene Daten seien. Im Zweifelsfall könnten also Rückschlüsse auf weitere Daten, wie die Identität der Beteiligten gezogen werden können. (JF)