BERLIN. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat wieder härtere Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie gefordert. „Verschärfungen werden leider notwendig sein, um der schweren Welle, die auf uns zukommt, zu begegnen“, sagte Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dazu werde er bei den Bund-Länder-Beratungen am Freitag Vorschläge unterbreiten.
Details nannte der SPD-Politiker nicht, er warb jedoch erneut dafür, zeitnah eine allgemeine Impfpflicht einzuführen. „Die Impfpflicht muß schnell kommen. Wir können nicht darauf warten, daß eine Impfpflicht überflüssig wird, weil wir eine sehr hohe Durchseuchung der Bevölkerung haben.“ Er arbeite bereits an einem Vorschlag für Personen ab 18 Jahren. Dabei wolle er „bevorzugt“ auf ein Impfregister verzichten.
„Wenn Impfung nur für zwei, drei Monate helfen sollte, spricht das dagegen“
Nicht-Geimpften riet der Gesundheitspolitiker, sich „schnell“ mindestens einmal impfen zu lassen. Für sie gebe es keinen Grund zur Entwarnung. „Man kann ihnen nicht in Aussicht stellen, daß für sie die Kontaktbeschränkungen kurz- oder mittelfristig aufgehoben werden.“ Daneben verteidigte Lauterbach seinen Vorstoß, die Quarantänezeit angesichts der Ausbreitung der Omikron-Variante zu verkürzen. Studien hätten gezeigt, daß die Phase, in der sich das Virus im Körper ausbreite und die Phase, in der eine Person ansteckend sei, bei der neuen Variante verkürze.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte zuvor in der Zeit zu bedenken gegeben, daß der Erfolg einer verpflichtenden Impfung durch eine neue Variante geschmälert werden könne. „Wenn das Impfen absehbar nur für zwei, drei Monate helfen sollte, aber ansonsten im Grunde alles bleibt, wie es ist, dann spricht das eher gegen eine Impfpflicht.“ Er fügte aber auch hinzu: „Wenn es im Februar/März belastbare Anhaltspunkte dafür gibt, daß die Impfpflicht eine deutliche Vergrößerung des Freiheitsspielraums für uns alle bringt, dann spricht viel dafür.“
Die Debatte im Bundestag über die allgemeine Impfpflicht soll verschiedenen Ministern zufolge möglichst bald erfolgen. Konkrete Entwürfe und Anträge liegen jedoch noch nicht vor. Sollte es zu einer oder mehreren Abstimmungen kommen, können die Abgeordneten ohne Fraktionszwang, also nach eigener Überzeugung entscheiden. Eine Gruppe von FDP-Politikern hatte vor kurzem einen Entwurf zur Ablehnung einer solchen verpflichtenden Impfung vorgelegt. Die AfD ist vehement gegen eine allgemeine Impfpflicht.
Epidemiologe: Nach Omikronwelle noch nie dagewesenes Ausmaß an Immunität
In Österreich, das erste EU-Land, das eine allgemeine Impfpflicht beschlossen hatte, mehren sich indes die Stimmen, die eine Neubewertung der Impfpflicht wegen der Omikron-Variante fordern. „Wir müssen davon ausgehen, daß wir nach der Omikronwelle ein Ausmaß an Immunität in der Bevölkerung erreicht haben, wie wir es während der Pandemie noch nie hatten. Dieser Immunschutz wird vor allem gegen schwere Infektionen wirken. Deshalb soll man nach der Welle die Impfplicht neu bewerten und diskutieren“, sagte der Epidemiologe Gerald Gartlehner im ORF. Sofern keine neue Variante mehr auftrete, glaube er zudem nicht, daß es eine vierte Impfung für die breite Masse brauchen werde.
Zuvor hatte bereits Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die eine allgemeine Impfpflicht stets entschieden befürwortet hatte, gemahnt: Zu einer Impfpflicht könne es nur kommen, wenn die Vakzine eine entsprechende Wirksamkeit besäßen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erklärte, die Impfbereitschaft könne auch durch Prämien, etwa in Form von Gutscheinen, erhöht werden.
In mehreren anderen EU-Ländern gibt es bereits eine Impfpflicht für bestimmte Berufe. Tschechiens Regierung hatte im Dezember eine Verordnung für eine Impfpflicht für Menschen ab 60 Jahren beschlossen. Diese soll ab dem 1. März greifen. (ls)