BERLIN. Die Opposition im Bundestag hat sich unzufrieden über das neue Entlastungspaket der Bundesregierung gezeigt. „Man hätte mehr tun müssen für diejenigen, die so eben gerade oberhalb der Grenzen liegen“, monierte der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), gegenüber der ARD.
Merz kritisierte, daß auch die Wirtschaft nicht ausreichend bedacht worden sei. „Und die Wirtschaft, das sind nicht die Großkonzerne, das sind die vielen Hunderttausend kleinen und mittleren Unternehmen, die dieses Land am Laufen halten.“ Zugleich warnte der CDU-Chef vor massiven Stromausfällen. Sollte die Regierung „aus ideologischen Gründen“ am Atomausstieg festhalten, „droht uns Anfang nächsten Jahres ein Blackout“.
Deutschland müsse nun zügig neue Brennstäbe für Atomkraftwerke ordern. Wenn die drei aktuell noch laufenden Kernkraftwerke sowie die drei im vergangenen Jahr vom Netz genommenen Meiler Strom produzierten würden, seien „zunächst einmal insgesamt 20 Millionen Haushalte sicher mit Strom versorgt“, gab Merz zu bedenken.
AfD: Scholz doktert an Symptomen herum
Der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Leif-Erik Holm, kritisierte, daß insbesondere die Menschen in den ländlichen Regionen vergessen worden sein. „Viele fragen sich mittlerweile, ob das Arbeiten noch lohnt, wenn man bei den explodierten Spritpreisen täglich zig Kilometer pendeln muß.“
Die Scholz-Regierung doktert laut Holm „bisher allein an den Symptomen herum, statt die Ursache der Energiearmut anzugehen“. Nur eine Ausweitung des Energieangebotes werde die Preise dauerhaft senken. „Deshalb ist eine Entscheidung mehr als überfällig, alle verfügbaren Kern- und Kohlekraftwerke ans Netz zu bringen“, unterstrich der AfD-Politiker.
Linkspartei spricht von „Entlastungspäckchen“
Für die Linksfraktion ist das neue Paket der Bundesregierung nur ein „Entlastungspäckchen“. Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach von einem „Paket, was die Zukunft der Ampel zu sichern versucht, den am härtesten betroffenen Bürgerinnen und Bürgern aber zu wenig hilft“. Die Pläne würden „die Verarmungslawine, die im Winter über Deutschland rollen könnte, nicht verhindern“. Die Linke werde „einen heißen Herbst gegen die soziale Kälte organisieren“, kündigte Bartsch an.
Die Ampelkoalition hatte am Sonntag ein Entlastungspaket in Höhe von etwa 65 Milliarden Euro angekündigt. Konkret einigten sich SPD, Grüne und FDP auf folgende Maßnahmen:
Strompreisbremse
Privathaushalte und Unternehmen sollen künftig einen bestimmten Strom-Basisverbrauch zu einem vergünstigten Höchstpreis erhalten. Wie hoch der Tarif liegen wird und wie viele Kilowattstunden er umfassen soll, ist noch unbekannt.
CO2-Abgabe
Die Erhöhung der CO2-Abgabe von 30 auf 35 Euro je Tonne wird um ein Jahr auf 2024 verschoben.
Einmalzahlungen
Neben der bereits beschlossenen steuerpflichtigen Einmalzahlung für Arbeitnehmer sollen auch Rentner und Studenten jeweils 300 beziehungsweise 200 Euro bekommen.
Wohngeld
Empfänger von Wohngeld erhalten eine weitere Einmalzahlung von 415 Euro. Zudem soll der Kreis der Empfangsberechtigten von derzeit rund 600.000 auf zwei Millionen angehoben werden.
Steuern
Angekündigt wurde zudem eine Änderung des Einkommenssteuertarifes, um rund 48 Millionen Bürger zu entlasten. Details wurden dazu von der Bundesregierung noch nicht mitgeteilt.
Kindergeld
Zum 1. Januar 2023 soll das Kindergeld für die ersten beiden Kinder von derzeit 219 Euro um 18 Euro steigen. Einkommensschwache Familien sollen bis zu 250 Euro erhalten.
Nachfolge für Neun-Euro-Ticket
Das im September ausgelaufene Neun-Euro-Ticket soll Anfang kommenden Jahres durch ein bundesweites Nahverkehrsticket ersetzt werden, das zwischen 49 und 69 Euro liegen wird. (ho)