BERLIN. Der Widerstand gegen die Berufung Ferda Atamans zur Antidiskriminierungsbeauftragten wächst. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries hat angekündigt, Ataman nicht zu wählen. „Wer seine Vergangenheit durch Löschung tausender Tweets bereinigen muß, um seine Haltung zu verbergen, sollte für die Zukunft keine Verantwortung in der Bundesregierung als Antidiskriminierungsbeauftragte tragen“, schrieb der Hamburger auf Twitter mit Blick auf ihre mögliche Wahl.
Wer seine Vergangenheit durch Löschung tausender Tweets bereinigen muss, um seine Haltung zu verbergen, sollte für die Zukunft keine Verantwortung in der @BReg_Bund als #Antidiskriminierungsbeauftragte tragen. Ich werde am Donnerstag gegen die Wahl von Ferda #Ataman stimmen.
— Christoph de Vries (@VriesChristoph) July 4, 2022
Auch aus den Reihen der FDP gibt es Widerspruch gegen die Personalie. Ataman stehe „in besonderer Weise für spaltende Identitätspolitik, Diffamierung Andersdenkender und eine fehlende Bereitschaft zur Differenzierung“, monierte Bundesvorstandsmitglied Linda Teuteberg in der Neuen Zürcher Zeitung.
«Sie steht in besonderer Weise für spaltende Identitätspolitik.» Am Donnerstag soll der Bundestag @FerdaAtaman zur neuen deutschen «Antidiskriminierungsbeauftragten» wählen. @LindaTeuteberg will das verhindern. In unserem Interview erklärt sie, warum: https://t.co/3iZBLc2lWv @NZZ
— Marc Felix Serrao (@MarcFelixSerrao) July 5, 2022
Zudem sagte sie, Menschen nach angeborenen Geburtsmerkmalen in Gruppen einzuteilen, sei eine „zutiefst illiberale Methode“. Stattdessen sollte jeder individuell auf Grundlage von Charakter und Handlungen bewertet werden, mahnte sie. Identitätspolitik hingegen teile Individuen in unentrinnbare Gruppenzugehörigkeiten ein, so daß sich ständig nur Opfer und Privilegierte gegenüberstünden.
AfD: Ataman ist „fanatische Rassistin“
Die AfD wirft der Publizistin vor, eine „fanatische Rassistin“ zu sein, was ihre zahlreichen Sprüche umfassend dokumentieren würden. Gemeint ist offenbar unter anderem ihre Kolumne im Spiegel, in der sie Deutsche abwertend als „Kartoffeln“ bezeichnete. „Einer Antidiskriminierungsbeauftragten der Ampelregierung, die die Mehrheitsgesellschaft in unverantwortlicher Weise angreift, würde jegliche Legitimität und Akzeptanz fehlen“, betonte Beatrix von Storch. Mittlerweile sei auch einigen Abgeordneten der Koalition und Vertretern migrantischer Organisationen bewußt geworden, daß Ataman für den Posten „völlig ungeeignet“ sei. „Wenn die FDP ihren Ankündigungen auch einmal Taten folgen lassen würde, kann ein bürgerliches Bündnis mit AfD und der Union diese Grünen-Rassistin als Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung verhindern“.
Unterstützung für Ferda Ataman kam hingegen vom Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg (TBB). Die Kritik sei „total überzogen“ und vermutlich „der Befürchtung geschuldet, daß sie ihr Amt ernst nehmen und auch gegen möglichen Rassismus und Diskriminierung im öffentlichen Dienst vorgehen wird“, schrieb TBB-Sprecher Safter Cinar auf Twitter. Das „jahrelange Engagement von Frau Ataman gegen Rassismus und Diskriminierung“ sei der beste Qualitätsnachweis für die Position der Antidiskriminierungsbeauftragten.
Die jetzt aufgekommene,total überzogene Kritik an Ferda Ataman ist wohl eher der Befürchtung geschuldet,dass sie ihr Amt ernst nehmen und auch gegen möglichen Rassismus und Diskriminierung im Öffentlichen Dienst und bei den Sicherheitsbehörden vorgehen wird, so TBB-Sprecher Çınar https://t.co/V4DqZKalDk
— TBB Türkischer Bund (@tbb_berlin) July 5, 2022
Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen lobt Ataman
Auch die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen (BKMO) zeigte sich überzeugt von Ataman. Sie sei „fachlich die richtige Besetzung für dieses Amt“. Seit Jahren sei die Autorin „eine starke Stimme gegen Rassismus und Diskriminierung“, die sich für Sensibilisierung, Repräsentanz und Teilhabe einsetze. Die aktuelle Debatte um Atamans Person sei „stark unsachlich“. Sie strotze nur so von Vorwürfen, Anschuldigungen und bewußten Fehlinterpretationen.„An Zynismus nicht zu überbieten ist auch der tagelange Aufschrei wegen der von Ferda Ataman bewußt provokativ genutzten – von einigen Personen als diskriminierend empfundenen – Begriffe“, urteilte die BKMO.
Währenddessen würden „tatsächlich diskriminierende Strukturen“, beispielsweise im Bildungssystem, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, im Gesundheitswesen und in staatlichen Institutionen nicht benannt, welche vielen Menschen täglich die Grundlage zur gleichberechtigten Teilnahme entzögen. Konkrete Beispiele hierfür nannte die BKMO nicht.
Die Wahl Atamans ist auf Druck der FDP auf Anfang Juli verschoben worden. Die Liberalen wollten sie vorher befragen. (st)