BERLIN. Für viele Autofahrer sind die Klima-Blockaden der Straßen eine nervliche Zerreißprobe. Sie stehen oft stundenlang im Stau, weil die Polizei nur zögerlich Kreuzungen und Autobahnen räumt. Die Urteile der Gerichte schrecken die Extremisten nicht ab, weil sie zwischen Freisprüchen und milden Geldstrafen pendeln.
Viele Verkehrsteilnehmer fragen sich, wie weit sie gehen dürfen, um weiterzufahren zu können und die Nötigung eigenhändig zu beenden. Sehr weit, auch „robust“, sagen jetzt Rechtsexperten. Es liege Notwehr vor.
„Die Klima-Blockaden sind ein rechtswidriger Angriff auf die Fortbewegungsfreiheit, gegen den Betroffene sich im Rahmen der Notwehr verteidigen dürfen“, stellt Eric Hilgendorf, Professor für Strafrecht an der Universität Würzburg, fest. Dabei sei nicht einmal eine Güterabwägung vorgesehen, sagte er der Welt. Auch gegen verhältnismäßig geringfügige Angriffe dürfe man sich „mit robusten Mitteln zur Wehr setzen“ – sofern diese den größten Erfolg versprechen.
Klima-Blockaden: Recht braucht Unrecht nicht zu weichen
Die Juristin Elisa Hoven wird konkret: „Die Aktivisten von der Fahrbahn loszureißen und wegzutragen ist eindeutig zulässig, auch wenn das wegen des Klebers zu erheblichen Handverletzungen führen sollte.“ Dabei sei es nicht entscheidend, wie lange die Blockade dauere.
Auch die Relevanz der Termine, die die auf der Straße gefangen gehalten werdenden Autofahrer nicht wahrnehmen könnten, wenn sie nicht eingriffen, spiele keine Rolle: „Es gilt die klare Regel, daß das Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht – egal, ob man auf dem Weg zu einem wichtigen Geschäftstermin ist oder einfach nur die ‚Sportschau‘ nicht verpassen möchte.“
Das Recht auf Notwehr ende jedoch, sobald die Polizei vor Ort sei oder ihr Eintreffen erkennbar kurz bevorstehe. Denn dann sollte die Blockade durch die Beamten beendet werden – auch wenn das oft sehr lange dauert. (fh)