BERLIN. Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hat sich gegen die temporäre Weiternutzung der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke ausgesprochen. Mit Blick auf Aussagen von Finanzminister Christian Lindner (FDP), wonach Atomkraftwerke bis 2024 notfalls am Netz bleiben müßten, sagte sie am Sonntag im ZDF-Sommerinterview: „Das, was Christian Lindner da will, ist nichts anderes als der Wiedereinstieg in die Atomkraft. Und das wird es mit uns auf jeden Fall nicht geben.“
„Ich erwarte von einem @Markus_Soeder, ich erwarte eigentlich von allen, die uns in diese Lage gebracht haben, dass sie endlich Teil einer Lösung werden.“@Ricarda_Lang im #Sommerinterview #ErneuerbareEnergien pic.twitter.com/GvDPLraEft
— Nurder Koch (@NurderK) July 31, 2022
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) vermutet hinter der Atomkraft-Debatte eine Kampagne gegen ihre Partei: „Wer jetzt über Atomkraft diskutieren will, ist nicht an der Frage interessiert, wie wir unabhängig bei der Energie werden. Sondern nur daran, den Grünen eins reinzuwürgen“, sagte die 56-Jährige am vergangenen Freitag gegenüber t-online.
Grüne Wähler sind mehrheitlich für Atomkraft
Allerdings ist eine Mehrheit der Grünen-Wähler für eine Laufzeitverlängerung für die verbleibenden Atomkraftwerke in Deutschland. 54 Prozent sprachen sich in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die Bild am Sonntag für eine Verlängerung aus, um die Energieversorgung unabhängiger von russischem Gas zu machen. 38 Prozent der Grünen-Wähler waren gegen einen Weiterbetrieb. In der Gesamtbevölkerung sind 70 Prozent für die Verlängerung, 20 Prozent dagegen und zehn Prozent unentschlossen.
Die Hauptorganisatorin des deutschen „Fridays for Future“-Ablegers, Luisa Neubauer, hält eine begrenzte Laufzeitverlängerung der noch in Betrieb befindlichen deutschen Atomkraftwerke ebenfalls für vertretbar. „Was derzeit konkret in der Diskussion ist, ist der Streckbetrieb – also ein Weiterbetrieb der verbleibenden AKW für wenige Monate, ohne daß aber neue Brennstäbe gekauft werden.“ Nach Einschätzung Neubauers wäre das ein Provisorium und keine grundlegende Weichenstellung, sagte sie dem Tagesspiegel. Zugleich sprach sie sich gegen einen generellen Weiterbetrieb von Atomkraft aus. Ziel müsse weiterhin eine konsequente Energiewende „weg von Kohle, Gas, Öl und Atom“ sein. (st)