Wenn es nach der Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) geht, ist der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus noch lange nicht beendet. Einen Diskussionsaufruf des Bundesfamilienministeriums- und Innenministeriums zum geplanten Demokratiefördergesetz hat die Stiftung nun zum Anlaß genommen, einmal genauer auszuführen, wie das Gesetz ausgestaltet werden könnte. In dem fünfseitigen Statement, das gemeinsam mit zehn weiteren Verbänden und Initiativen veröffentlicht wurde, geht es dabei vor allem um den gesetzlichen Anspruch auf Projektförderung, unabhängig von Laufzeiten.
Die bisherige Förderpraxis ist den Unterzeichnern ein Dorn im Auge, denn die ist an Fristen gebunden: „Sie hat zu einer fragmentierten, nicht auf Kontinuität angelegten Arbeit einerseits und einer auf Förderlogik schauenden ‘Projektitis’ andererseits geführt, ganz abgesehen von den prekären Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten“, heißt es in dem Papier. Dabei sehe die Stiftung gerade durch die jüngste Vergangenheit großen Bedarf zum Schutz der Demokratie. Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung oder Donald Trump im Weißen Haus bedrohten laut Statement unseren Staat und dessen Institutionen.
Demokratiefeindliche Akteure, die das demokratische und antifaschistische Engagement unabhängig von Parteien störten, kämen aus dem rechtsextremen Spektrum. Laut AAS sitzen sie sogar in den Parlamenten: „Zudem gibt es etwa die Forderung seitens der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag, politische Bildungsarbeit, die nicht von den Parteien kommt, mit Geldstrafe oder Gefängnis zu belegen“. Das Gesetz solle im Folgenden garantieren, daß das oben genannte Engagement staatsfern und auch in Krisenzeiten stattfinden kann.
Amadeu-Antonio-Stiftung unterscheidet gutes und schlechtes Engagement
Damit es im Einsatz gegen solcherlei „Demokratiefeinde“ nicht zu „Ermüdungserscheinungen“ komme, brauche es nun die staatliche Fördergarantie. „Erst dieser gesetzliche Anspruch ermöglicht eine Verstetigung erfolgreicher Arbeit, die innovative Weiterentwicklung garantiert und den Trägern Sicherheit bietet sowie den Mitarbeitern eine längerfristige Perspektive“, so die Begründung. Im Umkehrschluß bedeutet das finanzielle Absicherung auf Lebenszeit, unabhängig von Projektergebnissen und Inhalt.
Auch wenn die Demokratieförderung zur zivilgesellschaftlichen Aufgabe werden soll, sei nicht gleich jede Form von bürgerschaftlichem Engagement es wert, Fördersummen für sich einzustreichen. Denn nicht jede Form von bürgerschaftlichem Engagement sei demokratiefördernd. Dagegen soll bei dem Wunsch, die „zivilgesellschaftliche Beteiligung“ im Gesetz festzuschreiben, besonders ein Aspekt berücksichtigt werden: Sie müsse „der Vielfalt der deutschen Migrationsgesellschaft gerecht werden“, so die Unterzeichner. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Welchem politischen Lager diese Sortierung zu Gute kommen könnte, ist dabei leicht auszumalen.
Zusätzlich zu einer festgeschriebenen Summe im Bundeshaushalt solle es möglich sein, noch weitere finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um „flexibel und bedarfsgerecht auf neue Phänomene sowie Problemlagen reagieren zu können“, so der Vorschlag. Damit einher geht auch der Gedanke, selbstständig Themenschwerpunkte in der Arbeit für eine bessere Demokratie setzen zu können, unabhängig vom Bund.
Linksextremismus und Islamismus sind kein Thema
Die Bereiche, die laut der Stiftung noch verstärkt behandelt werden müßten, sind keine Überraschung: Haß gegen Geflüchtete, die unterschiedlichen Formen von Rassismus gegen Schwarze, Antifeminismus oder auch Trans- und Homofeindlichkeit. Auch im Osten gebe es noch Arbeit: Dort habe man „die besondere Situation einer autoritären und gefestigten Demokratiefeindlichkeit“. An welchen Faktoren genau das festgemacht wird, läßt das Statement offen.
Besonders brisant: Die Begriffe Linksextremismus oder Islamismus tauchen in dem Papier hingegen nicht ein einziges Mal auf. Daß jedoch gerade in diesem Bereich Nachholbedarf besteht, beweist die Statistik der Bundesanwaltschaft zum politischen Extremismus. 210 Ermittlungsverfahren mit islamistischem Bezug wurden bis Ende Oktober 2021 eingeleitet, zehn gingen auf das Konto des Linksextremismus. Dem Rechtsextremismus, dem die Stiftung die größte Bedrohung zuordnet, werden fünf Verfahren zugeordnet. Bei Innenministerin Nancy Faeser (SPD) dürften die Ausführungen auf Gegenliebe stoßen. Erst vor zwei Wochen räumte sie in der Vorstellung ihres Zehn-Punkte-Plans dem Kampf „gegen Rechts“ oberste Priorität ein.