BERLIN. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die sogenannte Querdenker-Bewegung teilweise unter Beobachtung gestellt. Somit darf die Sicherheitsbehörde nun auch Daten über diese Personen sammeln, berichtete zuerst die Bild-Zeitung.
Die Behörde fürchte, daß die während der „Querdenker“-Proteste gegen die Corona-Politik der Bundesregierung verbreiteten Verschwörungstheorien auch nach der Pandemie fortbestehen würden. Die „Querdenker“ seien keinem der bisher bekannten Felder wie Islamismus, Rechts- oder Linksextremismus zuzuordnen. Daher sei eine neue Kategorie „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ geschaffen worden. Dadurch sei eine Bearbeitung als Verdachtsfall und auch als erwiesen extremistische Bestrebung möglich.
Organisatoren der Bewegung hätten gezeigt, daß „ihre Agenda über die reine Mobilisierung zu Protesten gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen“ hinausgingen. Zudem würden Verbindungen zu Rechtsextremen „in Kauf genommen oder gesucht, das Ignorieren behördlicher Anordnungen propagiert und letztlich das staatliche Gewaltmonopol negiert“.
Berliner Verfassungsschutz stuft „Querdenker“ als Verdachtsfall ein
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte diese Entwicklung bereits erwartet. „Wir haben diese Szene von Anfang an stark im Blick. Wir schauen uns genau an, wer da teilnimmt und wie das Verhalten ist.“
Bereits Mitte April hatte der Berliner Verfassungsschutz die Protestbewegung als Verdachtsfall eingestuft. Damit ist es der Behörde seitdem möglich, die Gruppierung auch unter dem Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie dem Anwerben von V-Leuten oder das Überwachen der Kommunikation zu beobachten.
Zehntausende folgen „Querdenker“-Demonstrationen
Ebenfalls im April forderte die Grünen-Vorsitzende im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, eine schärfere Beobachtung von sogenannten Corona-Leugnern. Zwar würden Teile der „Querdenker“-Bewegung vom bayerischen Verfassungsschutz überwacht, dies gehe aber „noch lange nicht weit genug“, betonte sie damals.
Die Sicherheitsbehörden hätten keinen ausreichenden Überblick über mögliche Straf- und Gewalttaten im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen, lautete ihr Vorwurf.
In der Vergangenheit hatten „Querdenker“-Demonstrationen wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Politiker forderten, die Veranstaltungen zu verbieten. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hingegen verteidigte seine Entscheidung, eine entsprechende Kundgebung zu erlauben und verwies darauf, daß es dagegen keine rechtliche Handhabe gebe.
Die „Querdenker“ demonstrierten in ganz Deutschland gegen die Corona-Maßnahmen. Zu Großkundgebungen wie im vergangenen August in Berlin erschienen über 20.000 Teilnehmer. (ag)